Kardinal Kasper und die Barmherzigkeit

Quelle: Distrikt Deutschland

Eindrücke von einem Vortrag im Bistum Mainz

Eine Stunde Barmherzigkeit im Stile der nachkonziliaren Erneuerung

Vergangenen Dienstag, den 27. Januar 2015, hielt Seine Eminenz Kardinal Walter Kasper im Erbacher Hof in Mainz auf Einladung des Bistums einen Vortrag mit dem Titel „Barmherzigkeit ist der Schlüssel unserer christlichen Existenz“. Der Kardinal berichtete etwa eine Stunde lang von verschiedenen Aspekten der Barmherzigkeit in der Heiligen Schrift, der christlichen Lehre und den Bezug zum aktuellen Pontifikat.

 

„Die Barmherzigkeit ist die Mitte des Evangeliums. Sie ist der Schlüssel unserer christlichen Existenz und das Größte, was uns die christliche Botschaft sagen kann.“. Außerdem sei sie „das Leitwort des Pontifikats von Papst Franziskus", so der Kardinal weiter. Der Papst bezeichne die Barmherzigkeit als „Name unseres Gottes", betonte Seine Eminenz. Franziskus stehe damit in der Tradition der Päpste seit Johannes XXIII. Diese Konstante in der „Lehre“ der Konzilspäpste erwähnte Kasper gleich zwei Mal und vergaß auch nicht zu betonen, daß „Barmherzigkeit die Basis des Zweiten Vatikanischen Konzils“ sei.

 

Zwar erwähnte der Kardinal alle Werke der Barmherzigkeit, also neben den leiblichen auch die geistigen. Doch ging er, ganz im Einklang mit Papst Franziskus, ausschließlich auf die leiblichen ein. Für Schmunzeln sorgte seine beiläufige Bemerkung ans Publikum: „Naja, die Werke kennen wir ja alle noch aus dem Katechismus.“ Damit könnte er sogar Recht gehabt haben, lag der Altersdurchschnitt der Zuhörer doch bei jenseits der 60 Jahre.

 

Kardinal Kasper war von 2001 bis 2010 Präsident des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen im Vatikan und demnach kam auch das Verhältnis zu den Protestanten „im Lichte der Barmherzigkeit“ nicht zu kurz. Er erhoffe sich für das Jahr 2017 einen „gemeinsamen Gottesdienst“, ein „gemeinsames Schuldbekenntnis“ sowie ein „zusammen gesprochenes Glaubensbekenntnis“, wie es bereits Johannes Paul II. „vorbildlich“ exerzierte. Das 100jährige Jubiläum von Fatima kam im Bezug auf 2017 nicht zur Sprache.

 

Anwesenheit realer „Traditionalisten“ löst bei manchen Unwohlsein aus und führt zu nicht gerade zu Barmherzigkeit.

Von traditionalistischer Seite waren aus den Kapellen von Kleinwallstadt und Hattersheim zwölf Gläubi gegekommen, um den Kardinal sprechen zu hören, darunter ein Priester und mehrere Jugendliche. Nachdem der Vortrag zu Ende und die Fragerunde eröffnet war, kamen aus unseren Reihen drei der sechs Fragen, vorwiegend nach der Barmherzigkeit in des Kardinals „Pastoral für die Geschiedenen Wiederverheirateten“, dem geistigen Werk der Barmherzigkeit, die Irrenden zurechtzuweisen und nach der kaum noch stattfindenden lehrmäßigen Verkündigung der Lehre durch Papst und Bischöfe.

 

Als die erste Frage von uns in ruhigem und sachlichem Ton gestellt wurde, geriet der Moderator der Veranstaltung, Prof. Peter Reifenberg, offenbar in Unruhe und unterbrach den Fragesteller rüde mit den Worten, man kenne diese Kritiker des Kardinals und brauche das hier nun nicht zu hören. Allerdings hatte er mit dem Unmut des Publikums über diese unbarmherzige und unverständliche Reaktion wohl nicht gerechnet und musste die Frage schließlich doch zulassen.

 

Der Kardinal reagierte hingegen souverän und gab den anwesenden traditionstreuen Katholiken eine Lehrstunde in angewandtem Modernismus:

 

1.       Er wolle nicht Hand an die Unauflöslichkeit der Ehe anlegen, schließlich sei dies ein Versprechen für immer vor Gott. Aber sei es denn barmherzig Sünder zurückzuweisen? Die Kirche müsse weg von theoretischen Vorschriften kommen und hin zu praktischen Lösungen für die Menschen. Es gebe eben nicht nur Schwarz und Weiß und daher müsse man im Einzelfall entscheiden.

 

2.       Ja, die Irrenden müssten zurechtgewiesen werden, alles andere sei „Barmherzigkeit light“ und nicht in seinem Sinne. Aber man müsse das schonend und barmherzig tun, niemanden überfordern und verschrecken.

 

3.       Ja, in den letzten Jahren sei die Lehre der Kirche zu selten und wenig klar verkündet worden.

 

Richtige Aussagen wechselten sich mit einem Aufweichen der kirchlichen Lehre oder gar einem Widerspruch zu dieser ab. Der Hl. Papst Pius X. spricht in seinem Rundschreiben über die Lehren der Modernisten davon, daß diese mehrere Rollen in einer Person spielen könnten. Lehren des Modernismus seien nicht systematisch und einheitlich und genau dieser „schlaue Kunstgriff“ ist die große Gefahr, ihnen regelrecht auf den Leim zu gehen. Man stimmt einer richtigen Aussage zu und übersieht, meist in theologische oder philosophische Fachsprache gekleidet, den darauffolgenden Irrtum.

 

Der Kardinal sprach dann auch noch einmal die Fortsetzung der Synode über die Familie im kommenden Herbst 2015 an. Er sei davon überzeugt, daß man die benötigten Zweidrittelmehrheiten erhalten werde, um die in Evangelii Gaudium angekündigte „Konversion der Kirche im Sinne von Papst Franziskus“ durchzuführen. Schließlich habe man bei den vergangenen Sitzungen bereits die Mehrheit der Synodenväter sicher gehabt, die fehlenden Stimmen werde man ganz sicher noch gewinnen.

 

Der Moderator Prof. Reifenberg beendete schlussendlich den Abend mit einem unschönen Seitenhieb auf die Tradition, indem er Kardinal Kasper den Gehorsam des Mainzer Bistums zu ihm und Papst Franziskus in den genannten Vorhaben versicherte und diejenigen abtat, die „mit Büchern und Pamphleten“ gegen diese „Konversion der Kirche“ ankämpften.

 

Junge Katholiken aus der KJB  verteilten anschließend an beinahe alle aus dem Saal strömenden Gäste Flyer, u.a. zur Priesterbruderschaft, Exerzitien und „62 Gründe gegen die Neue Messe“. Die große Mehrheit nahm die Flyer dankend und interessiert an, es kam zudem zu einigen fruchtbaren Gesprächen. Im krassen Gegensatz dazu standen wieder einmal die Mitarbeiter der Diözese, die einen KJB’ler auf dem Weg zum Kardinal abfingen, und ihn auf die Verneinung der Frage, ob er aus dem Bistum Mainz sei, regelrecht anbrüllten, dann solle er sich aus dem Staub machen, er hätte hier nichts verloren. Barmherzigkeit? Fehlanzeige.

 

Der Abend jedenfalls hat den Gästen aus Kleinwallstadt und Hattersheim erneut klargemacht: Die Krise der Kirche dauert unvermindert an, ja, sie hat sich im derzeitigen Pontifikat gar verschärft. Die Neue Theologie könnte auch bei der kommenden Synode weitere Erfolge feiern. Aber: Die vielen guten Gespräche mit interessierten Damen und Herren an diesem Abend haben gezeigt, daß die traditionstreuen Katholiken herausgehen müssen, unseren Glauben kennend und voll Hoffnung! Der öffentliche Kampf für die Wahrheit muss weitergehen, viele Seelen dürsten nach der klaren Verkündigung der Lehre. Hier dürfen wir nicht nachlassen. Denn: „Charitas Christi urget nos!“ – die Liebe Christi drängt uns! (2 Kor 5,14).

 

Quelle: Bistum Mainz