„Ich zähle viel auf Ihre Stunde der Anbetung …“ Unsere Schwestern begehen 2024 ein Jubeljahr.

Quelle: Distrikt Deutschland

Im Jahre 1974 gründete Erzbischof Marcel Lefebvre mit Unterstützung seiner leiblichen Schwester, Mutter Marie-Gabriel, einer Ordensfrau der Kongregation vom Heiligen Geist (Spiritaner), in Rom die Schwestern der Bruderschaft St. Pius X. Im Jahr 2024 darf daher diese Stiftung des verehrten Prälaten ihr 50jähriges Jubiläum feiern. 

In den nächsten Ausgaben des Mitteilungsblattes werden wir in einigen Beiträgen die Schwestern der Bruderschaft unseren Lesern ans Herz legen.

Es war der 22. September 1974, als Msgr. Lefebvre  die ersten Schwestern in der Kapelle von Écône mit dem Habit der Kongregation einkleidete. Dieser Tag wird daher als der Gründungstag angegeben.

Der Erzbischof hatte in der Nähe von Rom, in Albano, ein Haus erworben, wo in dieser Zeit Mutter Marie-Gabriel Lefebvre das erste Noviziatskloster der Schwestern der Bruderschaft einrichten konnte.

Die Schwestern haben als Patronin Unsere liebe Frau von den sieben Schmerzen. Deshalb wird der liturgische Festtag am 15. September in der Priesterbruderschaft wie ein Fest 1. Klasse begangen. 

Der Sonntag Quasimodo (Weißer Sonntag) wurde von Erzbischof Marcel Lefebvre als Tag der Einkleidungen und Gelübde vorgesehen.

Schon 1971 hatte der Erzbischof den Wohltätern des von ihm gegründeten Seminars mitgeteilt: „Die Priesterbruderschaft St. Pius X. ist zwar in erster Linie für die Priester bestimmt, nimmt aber auch Brüder und vielleicht bald Schwestern auf, deren Aufgabe es sein wird, den Priestern bei ihrem priesterlichen Dienst zu helfen und selbst ein geistliches Leben im Sinne des heiligen Messopfers unseres Herrn zu führen.“ 

Weihbischof Bernard Tissier de Mallerais schreibt in seiner großen Erzbischof-Biographie über die Schwestern der Bruderschaft St. Pius X. (757 Seiten, € 34,9, dt. 2009. Erhältlich beim Sarto-Verlag) auf Seite 482–485:

„‘Monseigneur, könnte ich bei Ihren Schwestern eintreten?‘ – Der unschuldige Blick und der kindliche Glaube der jungen Australierin überraschten den Erzbischof. Janine Ward wünschte die Zulassung zu einer Kongregation, die es nicht gab! ‚Sie bestand in meinem Kopf‘, sagte er, und auch auf dem Papier: Die Statuten der Priesterbruderschaft sahen tatsächlich schon ‚angegliederte Ordensfrauen, wenn Gott solche berufen wird‘ (II, 4), vor. Die Vorstellung von Schwestern zeichnete sich nach und nach in den Überlegungen des Gründers ab, der im Oktober 1972 seinen Freunden und Wohltätern vorsichtig andeutete, daß er ‚die Hoffnung hegt, bald ein Noviziat der Bruderschaft gründen zu können für die Schwestern als Helferinnen des Priestertums‘.

Aber wie sollte das geschehen? Mgr. Lefebvre fühlte sich ‚nicht imstande‘, eine Schwesternkongregation zu gründen. Ohne Zeit zu verlieren, traf er sich mit seiner Schwester, Mutter Marie-Gabriel, Ordensschwester vom Heiligen Geist, Krankenschwester in der Missionsstation Stella Maris nahe bei Dakar und – durch die Vorsehung gelenkt – gerade zur Erholung in der Schweiz, in Montana. Seine Schwester kam schon im September 1971 nach Ecône zu Besuch. Dann legte Pfarrer Epiney auf einer Vortragsreise im Sommer 1972 durch Kanada, Brasilien und den Senegal in Dakar einen Aufenthalt ein. ‚Was geht vor sich?‘, fragte ihn Mutter Marie-Gabriel, ‚was macht mein Bruder? Man hört über ihn reden!‘ 

In diesem Jahr 1973 drängte Mgr. Lefebvre sie zu nicht mehr und nicht weniger, als dass sie sich von ihren Verpflichtungen lösen und kommen solle, um das Noviziat der künftigen Schwestern der Bruderschaft zu leiten! Ihr Bruder sagte: ‚Ich musste mit Nachdruck sprechen‘, und Mutter Marie-Gabriel gestand: ‚Es kostete mich viel, diesen Schritt zu tun.‘

Aber sie erfasste die Bedeutung des Werkes ihres Bruders immer besser und sie fühlte sich mit der Zeit immer mehr fehl am Platz in einer Kongregation, welche die Ordenstracht und die bisher geübten Gebräuche aufgab. Da sie jedoch noch immer mit der Kongregation sehr verbunden war – in der sie von 1955 bis 1965 Generalassistentin war, bevor sie auf ihren Wunsch hin als einfache Ordensschwester in den Senegal geschickt wurde –, fühlte sie sich erst von ihrer Verpflichtung entbunden, als sie beim Lesen eines Briefes ihrer Oberin begriff, dass sie kein wahres Ordensleben mehr führen könne, wenn sie in ihre Gemeinschaft zurückkehrte. (Nachdem sie auf den Antillen von 1940­–1947 Krankenschwester gewesen war, wurde sie Provinzialoberin in Kamerun von 1947–1953 und bekleidete sodann das gleiche Amt in Bangi von 1953–1955.)

Sie wurde für sechs Jahre exklaustriert und anschließend endgültig, ohne jemals ihre Ordensgemeinschaft zu verlassen oder ihre weiße Missionstracht abzulegen. 

Bereits im Herbst 1973 empfing sie die beiden ersten Postulantinnen, die sie nach Pontcalec brachte, wo die Dominikanerinnen vom Heiligen Geist sich bereit erklärten, sie auf den Eintritt ins Noviziat vorzubereiten, bis Mutter Marie-Gabriel freigestellt wurde und das Haus in Albano bereit war, sie im September 1974 aufzunehmen. Abbé Claude Michel wurde der Obere des Hauses, während Abbé L. Molin und anschließend Pater Joseph Le Boulch die Hausgeistlichen waren. 

Der Gründer stellte bereits den Entwurf einer Ordensregel zusammen, die er folgendermaßen zusammenfasste: 

‚Die Ordensschwestern sind Hilfskräfte für die Priester in allen Seelsorgediensten, die von der Priesterbruderschaft erbeten werden. Wie die Mutter Jesu durch ihr Mitleiden am priesterlichen Werk Jesu teilgenommen hat, als er für die Erlösung der Seelen am Kreuze starb, so sollen auch die Schwestern der Bruderschaft St. Pius X. eine besondere Andacht zum hl. Messopfer und zum eucharistischen Schlachtopfer hegen und sich mit Maria, der Miterlöserin, unter dem Kreuz vereinen. Darum werden sie auch außer den gewöhnlichen Frömmigkeitsübungen eine Stunde oder zwei halbe Stunden im Laufe des Tages zu den Füßen Jesu im allerheiligsten Sakrament zubringen.‘ (Brief an die Freunde und Wohltäter, Nr. 6, 27. Februar 1974.)

Die Grundidee des Gründers stammte aus einer Verbindung des Geistes der Barmherzigen Schwestern mit dem der Missionsfranziskanerinnen Mariens, die der Erzbischof in Afrika sehr schätzte. Die Erstgenannten waren tätig, hilfsbereit für die Priester und verstanden es sehr gut, mit Menschen umzugehen. Die zweiten – hervorgegangen aus einer Teilung der Sühneschwestern Mariens, die sie vornahmen, um ihre Lebensführung den Missionen in Indien anzupassen – waren eine junge Ordensgemeinschaft von zwölftausend Ordensschwestern, die sich durch ihre Frömmigkeit, aber auch Ehrerbietung dem Priester gegenüber sowie durch die geistliche und übernatürliche Festigkeit auszeichneten, die ihnen ihre tägliche Stunde des inneren Gebetes verlieh. 

Die Schwestern der Bruderschaft sollten also Betrachtung und Tätigkeit verbinden; ‚ihr innerliches Leben wird sie beständige Wachsamkeit mit Schlichtheit verbinden lassen‘. 

Ihr erstes Ziel ist geistlicher Natur: ‚Sich mit dem göttlichen Opferlamm darbringen nach dem Vorbild und in der Nachfolge Unserer Lieben Frau vom Mitleiden‘ (Schwesternkonstitutionen, III, A). Der Erzbischof legte nachdrücklich Wert darauf: ‚Das geistliche Ziel ist das Hauptziel, dieses zählt allein; das Übrige ist nur ein Mittel.“  Das zweite Ziel ist apostolischer Natur: ‚Das priesterliche Apostolat erleichtern und ergänzen‘: es erleichtern, indem sie ‚die bescheidensten Aufgaben‘ erfüllen in den Gemeinschaften zur Priesterausbildung oder den Gemeinschaften des Apostolats: Wäsche, Küche, Unterhalt des Hauses, Gartenarbeit; es ergänzen durch folgende Werke: Grundschulen, Krankenstationen, Besuche bei Notleidenden (III, B). Der Fernkatechismus fügte sich harmonisch in das apostolische Ziel des Instituts ein. 

Kirchenrechtlich gesehen bilden die Schwestern der Bruderschaft eine Ordensgemeinschaft mit den einfachen Gelübden der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams (II, 7), unabhängig von der Priesterbruderschaft, da sie ja ihre eigene Generaloberin, ihre Ortsoberinnen sowie ihre eigenen Häuser haben. Dennoch wendet sich die Schwesterngemeinschaft vorzugsweise an die Priester der Bruderschaft für die lehrmäßige und geistige Heranbildung der Ordensschwestern und übt ihre Tätigkeit an erster im Umfeld der Priorate der Patres aus.

Mutter Marie-Gabriel, ein Vorbild an Treue zur Regel, Gebetseifer, Großherzigkeit, praktischem Verstand und Glaubensgeist, zog sich mit 77 Jahren vom Amt der Gene- raloberin zurück, als ihre Kräfte abnahmen, und blieb bis zu ihrem Tod am 26. Januar 1987 ein Beispiel an Fröhlichkeit und Schlichtheit für ihre geistlichen Töchter. Sie wurde im Mutterhaus in Saint-Michel-en-Brenne-beerdigt von ihrem Bruder beerdigt. 

Da die Schwestern der Bruderschaft St. Pius X. die Absichten ihrer beiden Gründer in die Tat umsetzen, werden sie von den Priestern geschätzt wegen ihrer Treue zur Ordensregel und ihrer wirksamen und so unauffälligen Hilfe. Ihre Anbetung zu Füßen des Tabernakels ist ein verborgener Schatz. 

‚Ich zähle viel auf Ihre Stunde der Anbetung‘, schrieb ihnen Mgr. Lefebvre 1980, „für die Heiligung der Priesterbruderschaft.‘“