Die Wunderwelt der Schöpfung

Quelle: Distrikt Österreich

Betrachte den Frühling und die Blumen aller Art, die aus gleichen Verhältnissen heraus sich so verschieden gestalten! Betrachte das lebhafte Rot der Rose und das blendende Weiß der Lilie! Das eine wie das andere entsteht doch aus dem einen Regen und aus der gleichen Erde. Wer ist es nun, der schöpferisch diese Verschiedenheit wirkt? Betrachte die Weisheit! Aus ein und demselben Baum wird das schützende Laubdach, werden die verschiedenen Früchte. Einer ist der Künstler. Von ein und demselben Weinstock wird ein Teil zu Brennholz, ein anderer zu Sprossen, ein anderer zu Blättern, ein anderer zu Ranken, ein anderer zu Trauben. Aus ein und derselben Erde gehen die kriechenden Tiere, die wilden und die zahmen Tiere hervor, die Bäume, die Nahrungsmittel, Gold, Silber, Erz, Eisen, Stein. Die Natur des Wassers ist zwar eine, aber aus ihm stammen Fische und Vögel: die einen schwimmen im Wasser, und die Vögel fliegen in der Luft. „Dieses große und weite Meer – in ihm sind die kriechenden Tiere ohne Zahl.“ (Ps 103,25) Wer kann die Schönheit der Meeresfische beschreiben? Wer kann die Größe der Meerungeheuer und die Natur der Amphibien schildern, die bald auf dem Festland, bald im Wasser leben? Wer kann die Tiefe und die Weite des Meeres oder die Fluten der gewaltigen Meereswogen beschreiben? Trotz allem steht das Meer fest in seinen Grenzen auf Befehl Dessen, Der gesprochen hat: „Bis hierher sollst du gehen und nicht weiter, in dir selbst sollen deine Wogen zusammenbrechen.“ (Job 38,11) Auf dieses ihm auferlegte Gebot weist das Meer hin, wenn es die Höhe der Flut durch Linien am Gestade kennzeichnet; dadurch gibt es zu erkennen, dass es die ihm gezogene Grenze nicht überschritten hat.

Wer kann die Natur der Vögel in der Luft erforschen? Die einen singen, andere sind an ihren Flügeln bunt bemalt, andere, wie der Habicht, fliegen mitten in die Luft, um unbeweglich stehenzubleiben. Auf Befehl Gottes „breitet der Habicht seine Flügel aus und bleibt unbeweglich stehen, die Blicke nach Süden gewandt“ (Job 39,26). Wer vermag den Adler zu erblicken, wenn er sich in die Höhe erhoben hat? Wenn du den dümmsten Vogel, der sich in die Höhe erhebt, nicht erkennen kannst, wie willst du den Schöpfer des Weltalls verstehen?

Welcher Mensch weiß von allen Tieren auch nur die Namen? Oder wer kann eine spezielle Naturgeschichte schreiben? Wenn wir aber von den Tieren nicht einmal die Namen kennen, wie werden wir den Schöpfer verstehen? Gott sprach das eine Wort: „Die Erde bringe wilde, zahme und kriechende Tiere hervor nach ihrer Art!“ (Gen I,24) Und auf das eine Wort sind aus der einen Erde verschiedenen Arten von Tieren geworden: das so fromme Lamm und der fleischfressende Löwe. Es sind die verschiedenen instinktiven Bewegungen der Tiere entstanden, um die Äußerungen des freien menschlichen Willens nachzuahmen: der Fuchs bekundet menschliche Schlauheit, die Schlange zeigt das Gift menschlicher Freundschaften, das wiehernde Pferd die Ausgelassenheit der Jugend. Es ist die so emsige Ameise geworden, um den trägen und faulen Menschen zu wecken. Verbringt einer seine Jugend in Faulheit, dann wird er von den unvernünftigen Tieren belehrt; denn die göttliche Schrift weist ihn zurecht mit den Worten: „Geh zur Ameise, du Fauler, sieh ihre Wege und ahme sie nach und sei weiser als sie!“ (Sprw 6,6) Achte darauf, wie sie zur rechten Zeit ihren Unterhalt sammelt, und mache es ebenso: sammle dir als Schätze für die Zukunft Früchte guter Werke! Und wieder heisst es: „Geh hin zur Biene und lerne, wie fleißig sie ist!“ (Sprw 6,8) Auf verschiedenen Blumen fliegen sie umher, um dir zu deinem Nutzen Honig zu sammeln. So sollst du die göttlichen Schriften durchwandern, um dein Heil zu wirken und, von ihnen gesättigt, sprechen: „Wie süß sind meinem Gaumen Deine Worte; mehr als Honig sind sie in meinem Munde.“ (Ps 118,103)

Ist also der Künstler nicht der Lobpreisung würdig? Aus den verschiedenenen Einrichtungen in der Schöpfung sollst du auf die Kraft des Schöpfers schließen! Doch vielleicht sind dir diese Dinge unbekannt? Vielleicht hast du auch kein Interesse an der Natur, die dich umgibt?

Cyrill von Jerusalem: Taufkatechese 9,10-15