Warum gehen Menschen auf Wallfahrt?

Quelle: Distrikt Österreich

Eine Wallfahrt ist eine Reise zu einer heiligen Stätte. Ein bestimmter Wallfahrtsort mit seinem Heiligtum wird von dem Gläubigen aufgesucht, um dort den Segen Gottes durch die Hilfe der Heiligen zu erlangen.

Der Grund, weshalb nach einem bestimmten Ort eine Wallfahrt unternommen wird, ist ganz verschieden. Manchmal ist der Wallfahrtsort die Ruhestätte der Leiber von Heiligen, manchmal ihr Wirkungsort, sehr oft aber sind es nur die Aufbewahrungsstätten von Kultbildern, die sich durch großes Alter, heilige Überlieferung und wunderbare Kraft auszeichnen. Von hoher Bedeutung ist für den Wallfahrer auch das kultische Erlebnis selbst, dass er an der heiligen Stätte gestanden ist und den heiligen Gottesdienst erlebt hat. An den Wallfahrtsorten werden bestimmte Bräuche und Handlungen, die sich im großen und ganzen wiederholen, beobachtet. Man wäscht sich in heiligen Quellen, trinkt von heiligen Wassern, entzündet Kerzen, spendet Opfergaben und Weihgeschenke, tut Buße, küsst, berührt das Heiligtum, kniet sich davor hin oder wirft sich auf das Antlitz nieder. Die Pilgerfahrt selbst wurde früher in einer eigenen Pilgerkleidung gemacht. Man trug die Muschel als Pilgerabzeichen. Die früheren Wallfahrten wurden zum Großteil zu Fuß gemacht, ja es gab Pilger, die die ganze Wegstrecke mit ihrer Körperlänge abgemessen haben, indem sie sich fortwährend niederwarfen.

Der Pilger nimmt vom Heiligtum Gegenstände mit, und sei es auch nur das Wasser als Träger geheimnisvoller Kräfte. Auch die Andenken, wie etwa Bildchen, werden deswegen am Ort des Heiligtums gesegnet oder mit dem Kultbild in Berührung gebracht. Wallfahrten entspringen oft einem Gelöbnis, mit dem der Einzelne oder eine Gemeinschaft drohendes Unheil abwenden oder für Rettung aus der Not danken will. Ein wichtiges Motiv für die Wallfahrten ist immer auch das Bedürfnis gewesen, religiöse und sittliche Schuld zu tilgen, sein Leben zu heiligen und sich ein seliges Sterben und ein glückliches Los im Jenseits zu erbitten.

Wallfahrten sind nichts Neues, sondern etwas Uraltes. Schon bei den ältesten Kulturvölkern finden wir sie. Sie sind aber auch heute noch lebendig, und Jahr für Jahr ziehen Millionen Menschen auf Wallfahrt aus. Wallfahrten waren ebenso bei den Griechen und Römern wie bei den Persern und Ägyptern bekannt. Die Juden zogen seit 622 vor Christi Geburt regelmäßig nach Jerusalem... Die Christen nennen unzählige Wallfahrtsorte ihr Eigen. Allen Christen gemeinsam aber sind die größten und heiligsten der heiligen Stätten, dort, wo der Erlöser gelebt und gelitten hat: Jerusalem, Bethlehem und Nazareth.

2. Kapitel unserer Maiwallfahrt nach Mariazell, die Reihe wird fortgesetzt  

Quelle: "Mariazell - Das Heiligtum der Gnadenmutter Österreichs" von Franz Jantsch