Venite adoremus - Kommt lasset uns anbeten
Venite adoremus
7. Teil der Adventbetrachtungen aus dem Buch "Auf dem Weg nach Bethlehem" (mit freundlicher Genehmigung des Autors, P. Michael Gurtner)
„Du, Bethlehem im Gebiet von Juda, bist keineswegs die unbedeutendste unter den führenden Städten von Juda; denn aus dir wird ein Fürst hervorgehen, der Hirt meines Volkes Israel“. Mit diesen Worten antworten die Hohepriester und Schriftgelehrten in Mt 2,6 dem König Herodes auf dessen Frage, wo denn der zu erwartende Messias geboren werde. Sie zitieren damit Micha 5,1:„Aber du, Bethlehem-Efrata, so klein unter den Gauen Judas, aus dir wird mir einer hervorgehen, der über Israel herrschen soll. Sein Ursprung liegt in ferner Vorzeit, in längst vergangenen Tagen.“
Für die Schriftgelehrten und Hohepriester ist der „Herrscher über Israel“ also eindeutig mit dem Messias zu identifizieren. Mit Recht fürchtet Herodes diesen Herrscher, denn seine Macht ist eine himmlische und stellt jede irdische Macht in den Schatten – auch das ist in derselben Prophezeiung verheissen (Mi 5,2): „Er wird auftreten und ihr Hirt sein in der Kraft des Herrn, im hohen Namen Jahwes, seines Gottes. Sie werden in Sicherheit leben; denn nun reicht Seine Macht bis an die Grenzen der Erde.“
Diese Prophetie ist der Grund, weshalb Herodes zu recht aufschreckte, „und mit ihm ganz Jerusalem“ (Mt 2,3), als er von den vorbeikommenden Sterndeutern erfuhr, dass der verheissene König der Juden geboren und dessen Stern aufgegangen ist (Mt 2,2). König Herodes weiss, dass dieser „Fürst und Hirte Israels“, der eben geboren wurde, derjenige ist, auf welchen das gesamte jüdische Volk seit Jahrhunderten wartet, der über göttliche Vollmacht verfügt und den alle herbeisehnen. Ja sogar die heidnischen Weisen aus dem Morgenland, die Sterndeuter, welche– so könnte man mit gutem Recht meinen – gar nichts mit ihm zu tun haben und als Heiden eigentlich gar keine Beziehung zu ihm aufweisen müssten sind von weit her angereist, und zwar nur aus dem einen Zweck: „um ihm zu huldigen“. (Mt 2,2). Die Vulgata verwendet den noch stärkeren Ausdruck „adorare eum“, also „um ihn anzubeten“. Im Griechischen Text heißt es προσκυνῆσαι αὐτῷ, was ein anbetendes Sich-Niederwerfen bezeichnet (Proskynese) – und wem kommt Anbetung zu, wenn nicht Gott?
Dies muss einen mächtigen Herrscher wie Herodes freilich erschrecken, denn seine Macht und noch mehr seine Autorität sind damit gewissermaßen in Frage gestellt. Und gerade dieses Faktum, dass heidnische Sterndeuter, also weise Männer, die eben gerade nicht der jüdischen Religion angehören, von weit her kommen, um ihn anzubeten, ist bereits eine erste Erfüllung der Prophezeiung Michas selbst: „Seine Macht wird reichen bis an die Grenzen der Erde“ (Mi 5,2).
In den Sterndeutern aus dem Morgenland ist diese „Grenze der Erde“ präsent, und ebenso die bis dahin reichende Macht des Kindes, denn seinetwegen sind sie von so weit her erst angereist. Der Messias ist also einerseits der König der Juden, aber andererseits geht dessen Macht- und Wirkungskreis auch noch über Israel weit hinaus, bricht in die heidnische Welt herein und umfasst nunmehr auch diese. Somit wird der gesamte Erdkreis Subjekt des Gottesvolkes, welches nicht mehr allein auf das Volk Israels beschränkt bleibt. Im Kapitel über das Magnificat haben wir dies bereits ganz kurz gesehen, und mehrfach ist diese Ausdehnung des Gottesvolkes auch im Alten Testament verheißen. In der Universalität des Missions- und Taufbefehls Christi („Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde. Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“; Mt 28,18ff.) findet sie dann schließlich ihre Bestätigung und Verwirklichung durch Christus selbst.
Der Geburtsort dieses Herrschers ist jedenfalls – ebenso wie dessen Geburt selbst – kein Zufall, sondern von Anfang an vorherbestimmt, soviel ist bereits an dieser Stelle deutlich geworden. Abstammung und Geburtsort sind von Gott genau festgelegt und lange vorausgesagt: aus dem Stamm David wird Er sein und in Bethlehem wird es geschehen (von wo Isai/Jesse und dessen jüngster Sohn David selbst herstammten; vgl. 1 Sam 16,1). Gerade von diesem Geburtsort „Bethlehem“ her erschließt sich uns die Anbetung, die in den heidnischen Weisen aus dem Morgenland ihren Anfang nimmt und bis in unsere heutigen Tage hinein überdauert hat, denn hier, in diesem „Bethlehem“ ist gleichsam die Verbindung zwischen der Anbetung des Kindes und der eucharistischen Anbetung zu finden.
Um das besser verstehen zu können müssen wir zunächst ein wenig vertiefen, weshalb es von Bedeutung ist, dass Gott ausgerechnet Bethlehem als Geburtsort des Messias auserkoren hat. „Bethlehem“ hat als Ortsname nämlich eine doppelte Bedeutung, je nachdem von welcher Sprache man es übersetzt. Im Hebräischen hat „Bethlehem“ die Bedeutung „Haus des Brotes“. Vom Arabischen her übersetzt heisst es „Haus des Fleisches“. Und beides trifft sich genau in Jesus: Er ist das Wort das fleischgeworden ist, das „Brot des Lebens“, und derjenige, welcher uns in der Eucharistie „sein Fleisch zu essen gibt“ da es eine „wirkliche Speise“ ist. Im hochheiligen Sakrament der Eucharistie ist und bleibt auf ewig beides vereint: in der Gestalt des Brotes empfangen wir Christus selbst, sein wahres Fleisch mit seinem wahren Blut. „Fleisch“ und „Brot“ sind somit auf wunderbare Weise dauerhaft miteinander vereint, wie sie in Bethlehem – sowohl in der Wortbedeutung als auch im Stall – miteinander vereint waren. Weil die Eucharistie Jesu Fleisch in Brotsgestalt ist, ist Bethlehem nicht nur dem Namen nach, sondern auch der Wirklichkeit nach zugleich „Haus des Brotes“ und „Haus des Fleisches“, gleichsam als eine Vorankündigung der Einsetzung des Altarsakramentes, in welchem das fleischgewordene Wort des Vaters in Brotsgestalt wirklich und wahrhaft in der Welt durch die Geschichte hindurch gegenwärtig ist und bleibt. Wir können von daher den Stall von Bethlehem durchaus mit Berechtigung als den „zweiten Tabernakel“ (nach dem Schoß Mariens) sehen, welcher Christus, dem fleischgewordenen Wort des Vaters, eine Zeltstätte geboten hat.
Hier ist es angebracht, auf den altgriechischen Text des Johannesprologes zu verweisen, welcher –typisch für den Evangelisten Johannes – viel reichhaltiger und theologisch tiefschürfender ist als die deutsche Übersetzung „und hat unter uns gewohnt“, welches der lateinischen Übertragung „et habitavit in nobis“ entspricht, welche in diesem Fall aber auch gegenüber dem Altgriechischen viel an Bedeutung eingebüßt hat.
Dort heißt es nämlich in Jo 1,14: Καὶ ὁ λόγος σὰρξ ἐγένετο καὶ ἐσκήνωσεν ἐν ἡμῖν, καὶ ἐθεασάμεθα τὴν δόξαν αὐτοῦ, δόξαν ὡςμονογενοῦς παρὰ πατρός, πλήρης χάριτος καὶ ἀληθείας.
Wenn wir das übersetzen, so heißt der erste Teil: Und das Wort ist Fleisch geworden und „zeltete“ bei uns/nahm unter uns Zelt/schlug unter uns sein Zelt auf. St. Johannes hat diesen Begriff bewusst gewählt und hätte im Griechischen genügend andere, naheliegendere Ausdrücke zur Verfügung gehabt. Mit dem Verb σκηνόω (zelten) möchte der heilige Evangelist unsere Gedanken zu einem theologischen Sachverhalt führen, der mit der Menschwerdung untrennbar verbunden ist, nämlich der realen Gottesgegenwart. Es handelt sich um eine Allusion an das Bundeszelt, jenes heilige Zelt von welchem die Bundeslade, und somit der alttestamentarische Ort der Gottesgegenwart umhüllt war.
Wenn Johannes dieses Bundeszelt begrifflich mit dem eingeborenen Wort verbindet, dann bedeutet das nichts anderes, als dass es sich bei dem fleischgewordenen Wort Gottes um Gott selbst handelt. Wie die Bundeslade (welche der jüdische Ort der Gottesgegenwart war da sie die Gesetzestafeln des Mose beinhalteten) in einem Zelt „wohnt“, so schlägt auch das fleischgewordene Wort Gottes – Jesus Christus – sein Zelt unter den Menschen auf, um darin zu wohnen: Er, der wirklich Gott ist und den neuen Bund mit dem Menschen schließt.
Das lateinische Wort tabernaculum (und davon abgeleitet dann auch der Tabernakel) bedeutet eben genau „Zelt“. Der Tabernakel ist jenes „Zelt“, welches die konsekrierten Hostien in sich birgt: er ist eben jener Ort, oder besser jenes „Zelt“, in welchem in der eucharistischen Gestalt Gott wirklich und wahrhaftig zugegen ist, nachdem er den neuen Bund gestiftet hat. Der Tabernakel ist eben jenes Bundeszelt wie auch die Muttergottes, die ja Christus als Leibesfrucht in sich zu tragen das Privileg hatte, als ebenso das „Haus des Brotes“, d.h. Bethlehem. Alle vier sind „Tabernakel“ und „Zelte“ Gottes die ihn beherbergen und in welchen Er unter uns Menschen wohnt.
Allerdings konnte erst schrittweise im Offenbarungsverlauf die tiefe Bedeutung des Geburtsortes Bethlehem, des „Hauses des Brotes“, welches zugleich „Haus des Fleisches“ ist, erkannt werden. Erst nachdem gewisse Ereignisse eingetreten waren, erschließt sich das Gewebe der göttlichen Vorsehung. Ein erster wichtiger Schritt ist dabei ohne Zweifel in der Selbstoffenbarung Jesu zu sehen, genauer gesagt in der sogenannten „Brotrede Jesu“ wie sie uns im sechsten Johanneskapitel überliefert ist. Die endgültige Enthüllung der tieferen Bedeutung von „Bethlehem“ als Geburtsort des Heilandes erfolgt dann aber erst nach den Ereignissen des Gründonnerstag und des Karfreitag. Erst von der Einsetzung der Eucharistie und dem Opfertod am Kreuzesstamm her wird uns ersichtlich, wie die Fäden der göttlichen Vorsehung wunderbar zusammenlaufen und in ihrem Gesamt eine großartige Ordnung ergeben, in der sich die Weisheit Gottes und Seine gnadenhafte Führung der Dinge erkennen läßt.
Wir müssen dazu wenigstens an einige Stellen aus der Brotrede Jesu erinnern (Jo 6,32 ff.), weil wir darin in der Zusammenlese mit dem Matthäusbericht sehen können, welch großartiges Ereignis hier im Stall von Bethlehem seinen Anfang genommen hat, und was dieser Stall in sich für die Welt verborgen hielt. In dieser Rede heißt es unter anderem:
„Amen, amen, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn das Brot, das Gott gibt, kommt vom Himmel herab und gibt der Welt das Leben. Da baten sie ihn: Herr, gib uns immer dieses Brot! Jesus antwortete ihnen: Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben. Aber ich habe euch gesagt: Ihr habt (mich) gesehen und doch glaubt ihr nicht. … Da murrten die Juden gegen Ihn, weil Er gesagt hatte: Ich bin das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Und sie sagten: Ist das nicht Jesus, der Sohn Josefs, dessen Vater und Mutter wir kennen? Wie kann Er jetzt sagen: Ich bin vom Himmel herabgekommen? Jesus sagte zu ihnen: Murrt nicht! … Amen, amen, ich sage euch: Wer glaubt, hat das ewige Leben. Ich bin das Brot des Lebens. Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. So aber ist es mit dem Brot, das vom Himmel herabkommt: Wenn jemand davon isst, wird er nicht sterben. Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, (ich gebe es hin) für das Leben der Welt. Da stritten sich die Juden und sagten: Wie kann er uns Sein Fleisch zu essen geben? Jesus sagte zu ihnen: Amen, amen, das sage ich euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag. Denn Mein Fleisch ist wirklich eine Speise und Mein Blut ist wirklich ein Trank. Wer Mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, der bleibt in Mir und Ich bleibe in ihm. Wie Mich der lebendige Vater gesandt hat und wie Ich durch den Vater lebe, so wird jeder, der mich isst, durch mich leben. Dies ist das Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Mit ihm ist es nicht wie mit dem Brot, das die Väter gegessen haben; sie sind gestorben. Wer aber dieses Brot isst, wird leben in Ewigkeit.“
Im Licht dieser Perikope sind wir bereits in der Lage, etwas von der tiefen Bedeutung Bethlehems als Geburtsort des Messias zu erkennen. Es sind dieselben Zentralpunkte, welche sowohl hier in der Brotrede, als auch in Bethlehem als der Geburtsstadt des Messias zusammenkommen. Die Brotrede ist ein Selbstbekenntnis Jesu als der verheißene Messias – und Bethlehem war seit jeher die verheißene Geburtsstadt des Messias. Dieser Messias gibt sich als das „Brot des Lebens“ zu erkennen – Bethlehem ist damit ganz real zum „Haus des Brotes“ geworden, und ebenso ganz real zum „Haus des Fleisches“. Denn dieses „Brot des Lebens“, das sich als Heilsspeise gibt (die Brotrede aus Johannes ist eine Vorwegnahme der Einsetzung des Allerheiligsten Altarsakramentes beim letzten Abendmahl bzw. auf Golgota), ist dem Wesen nach der wahre Leib des Herrn, Sein wahres Fleisch, das sich uns in der Brotsgestalt zur Himmelsspeise reicht. Keine irdische Speise, sondern auf das ewige Leben hin finalisiert. Ohne Eucharistie, so könnte man sagen, „verhungert“ der Mensch geistlich, denn es ist jenes Sakrament, welches uns für das ewige Leben nährt und erhält (freilich darf man dies nicht als einen Automatismus verstehen, sondern als Ermöglichung). Dieses „Brot des Lebens“, welches das wahre Fleisch des Herrn ist, ist Christus selbst – derselbe Christus, der in der Krippe liegt und am Kreuze hängt. Die Gestalt ist wohl verschieden: einmal ist es die Natur des Kindes bzw. die des Menschen, einmal die Gestalt des Brotes. Aber das Wesen ist stets dasselbe: es ist immer derselbe Sohn, dasselbe Wort des Vaters, im Kind wie im augenscheinlichen „Brot“. Das Sakrament der Eucharistie ist die Fortdauer der realen und geradezu „physischen“ Gottespräsenz. Allein die Gestalt ist seit den Karereignissen eine andere.
Mit dieser inneren, unauflöslichen Verknüpfung von Eucharistie und Jesus(knaben) vor Augen sind wir automatisch und unweigerlich auch schon bei der Anbetung angelangt. Ein erstes haben wir bereits gesagt, als wir von den heidnischen Sterndeutern sprachen, die extra von weit her gekommen waren, um das Kind anzubeten, was sie dann auch taten: „Sie gingen in das Haus und sahen das Kind und Maria, seine Mutter; da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar“ (Mt 2,11).
Die heidnischen Weisen aus dem Osten kommen um den Heiland anzubeten. Diese Geste der Anbetung des Messias wird uns im Laufe des öffentlichen Wirkens immer wieder unterkommen. Spontan fallen die unterschiedlichsten Menschen vor Christus auf die Knie und setzen so ein Zeichen der Anbetung. Dieser Gestus des Niederkniens, welcher die innere Anbetungshaltung begleitet, ist ein natürlicher und der Menschenart angemessener Ausdruck seiner Anbetung, welcher einerseits zwar auch sichtbares Zeichen der inneren Haltung ist, aber andererseits auch mehr als nur das, nämlich selbst bereits schon Akt der Anbetung. Immer wieder berichten uns die heiligen Evangelisten, wie die Menschen vor Jesus auf die Knie gefallen sind, doch die wohl eindrücklichste Stelle ist die Heilung des Blindgeborenen (Jo 9). Dieser wirft sich nicht nach bzw. wegen dessen Heilung nieder, sondern erst einige Tage später, als sich Jesus ihm als der Messias offenbart. Nicht die Heilung seiner Blindheit ist Grund seiner Anbetung, sondern die Gottheit Jesu: „Er aber sagte: Ich glaube, Herr! Und er warf sich vor ihm nieder.“ (Jo 9,38).
Genau dasselbe, was der Blindgeborene tat, genau dasselbe was die drei Sterndeuter aus dem Osten taten, setzt sich auch in unserer Zeit fort, wenn wir Akte der eucharistischen Anbetung setzen, in welcher Form auch immer (Besuch vor dem Tabernakel, eucharistische Anbetung vor dem ausgesetzten Allerheiligsten, das Niederknien beim heiligen Kommunionempfang etc.). Es ist nicht etwas Ähnliches, es ist nicht etwas Analoges, sondern es ist dasselbe. Die Anbetung des neugeborenen Kindes durch die Weisen und unsere Akte der eucharistischen Anbetung sind dasselbe, weil das Kind in der Krippe in Betlehem und die Heiligste Eucharistie wesenhaft dasselbe sind: Jesus der Christus, wahrer Mensch und wahrer Gott. Somit sind wir also in gewisser Weise immer im Stall von Bethlehem, wenn wir das Allerheiligste Altarsakrament anbeten. Brot – Fleisch – Messias sind die Konnotationen von Bethlehem, die in Seinem Namen enthalten bzw. mit diesem verbunden sind. Und dieselben drei Wirklichkeiten finden wir wieder im Abendmahlssaal, auf Golgotha und dann in deren „Verlängerung“ auf jedem Altar bei der Heiligen Messe und in jedem Tabernakel. In der Anbetung des Kindes durch die Weisen finden wir also gleichsam den Prototyp unserer eigenen Anbetung – vor dem Tabernakel knien wir gleichsam vor der Krippe in Bethlehem.
Daran sehen wir, dass nicht einmal der Geburtsort des göttlichen Heilandes ein zufälliger war, sondern von Gott bereits in Hinblick auf die künftigen Ereignisse vorherbestimmt wurde. Wie sehr sich der Geburtsort Bethlehem in die restlichen Ereignisse einfügt und von diesen her sich uns in seiner Bedeutungsfülle erschließt, kann freilich erst in der Rückschau von Kalvaria aus erkennbar werden.
Abschließend sei noch auf eine liturgische Gegebenheit verwiesen: Im klassischen römischen Ritus ist es vorgesehen, dass im Anschluss an den Schluss-Segen der Heiligen Messe noch der Johannesprolog verlesen wurde. Dies hat einerseits gewiss auch den Sinn eines weiteren Segens (die vier Evangelien galten als eine Art „großer Segen“, und der Anfang steht immer auch für das Ganze), aber darüber hinaus ist diese Stelle aus den Evangelien auch von ihrer inhaltlichen Seite her besonders geeignet, da sie das zusammenfasst, was eben am Altar geschehen ist. Wie in Bethlehem Gott Mensch wurde und auf Erden kam, so tut er dies auch bei jeder Heiligen Messe: Er, der wahre Gott und wahre Mensch, wird real präsent. Von daher führt der Johannesprolog Weihnachts- und Messgeschehen gleichsam zusammen, was seine Kulmination in der Aussage erfährt, welche für Weihnachten und Messopfer gleichermaßen gilt: „und das Wort ist Fleisch geworden“. An dieser Stelle macht der Priester und auch die anwesenden Gläubigen eine Kniebeuge zum Zeichen der Anbetung: vor dem Kind und vor der Hostie.