Aus dem Munde dieses Mannes spricht der Heilige Geist - Teil 1

Quelle: Distrikt Österreich

Am 15. März wird wieder, so wie schon im Vorjahr, ein feierliches Fünfherrenamt zu Ehren des Schutzpatrons von Wien, des hl. Klemens Maria Hofbauer, in der Wiener Minoritenkirche zelebriert werden.

Der Heilige hielt sich mehrmals in Wien auf, zuletzt durchgehend von 1808 bis zu seinem Tod im Jahr 1820. In diesen Jahren wirkte er in der Kirche St. Ursula sowie in der Wiener Minoritenkirche und hier war es auch, wo er seine letzte Heilige Messe feierte, nur wenige Tage vor seinem Tod. Er wurde wahrhaft zum Apostel Wiens, er war es, der die Wiener nach den Jahren der Aufklärung und des Josephinismus wieder zum Glauben zurückführte.

In Vorbereitung auf die Feier seines Festes, bringen wir in den folgenden Wochen einige „Bilder“ aus seinem pastoralen Wirken in Wien.

Der hl. Klemens Maria Hofbauer als Prediger

Von den Predigten des Heiligen ist keine einzige in ihrem vollen Wortlaut erhalten. Er schrieb sie nicht nieder, entwarf auch kaum eine schriftliche Skizze. Zeitgenössische Berichte lassen aber seine Eigenart als Prediger einigermaßen erkennen. Seine Kanzelvorträge waren, wenigstens in Wien, weder thematische Predigten noch streng durchgeführte Homilien, sondern ein Mittelding, das in den Augen eines kritischen Homiletikers wahrscheinlich keine Gnade finden würde. Er liest das Evangelium vor, streut schon beim Vorlesen erklärende Bemerkungen ein, wie er es schon früher zu tun gewohnt war, geht dann Satz für Satz den Evangeliumsabschnitt durch, bei dem einen länger verweilend, den anderen schneller übergehend, arbeitet aus einem Satz eine Glaubenslehre oder ein Sittengebot heraus, stellt diesem evangelischen Grundsatz die herrschenden Sitten und Anschauungen gegenüber und mahnt mit warmen, eindringlichen Worten zur Umkehr. Es lag in dieser Methode, dass er in einer und derselben Predigt verschiedenartige Gegenstände berührte. Am 10. September 1815, Fest Mariä Namen, sprach er über Sonntagsheiligung, Unfehlbarkeit der Kirche, Marienverehrung, Ordensleben. Früher durfte er täglich predigen. Jetzt musste er vieles, was er den Leuten gern gesagt hätte, in die einzige Sonntagspredigt zusammendrängen.

Die äußere Form seiner Predigt war keineswegs geeignet, die Mängel seiner Predigttechnik zu verdecken. Hofbauer war seiner ganzen Veranlagung nach nicht zu einem Redner geschaffen. Die Art seines Studiengangs sowie sein langer Aufenthalt im Ausland mögen es verschuldet haben, dass sein Deutsch vieles zu wünschen übrig ließ. Der sprachlichen Form wandte er sichtlich wenig Sorgfalt zu; es sind die einfachsten Wendungen und Ausdrücke, in die er seine Gedanken kleidet. Er verfügt über keinen großen Wortschatz; es kehren dieselben Redensarten stereotyp wieder. Für Gebildete war der erste Gesamteindruck seiner Predigt nicht günstig.

Und doch hat Hofbauer auf der Kanzel „gezogen“, wie seit langem kein Prediger mehr in Wien. Was seinen Predigten eine solche Zugkraft verlieh, würden wir ihrem Text, läge er im Druck vor uns, kaum entnehmen können. Es ist etwas Zweifaches: zunächst die Kontrastwirkung mit dem Durchschnitt der damaligen Wiener Predigt, dann aber die ungeheure Glaubenskraft, von der diese schlichten Predigten durchdrungen waren.

Permanente Überwachung durch die Polizei

Seit den Tagen Kaiser Josefs II. verschwand allmählich die eigentliche katholische Predigt von den Wiener Kanzeln. Gegen echt katholische Prediger wurde in der Aufklärungszeit ein wahres Kesseltreiben veranstaltet, an dem sich die aufgeklärte Partei des Klerus selbst am stärksten beteiligte. Der Erfolg blieb nicht aus. Spezifisch katholische Wahrheiten hörte man nur noch ausnahmsweise von der Kanzel herab. An ihre Stelle war jenes seichte Gerede vom allgemeinen Christentum und allgemeiner Liebe und jenes wohlfeile Moralisieren getreten, welches im Aufklärungszeitalter fast überall die Kanzeln beherrschte. Sehr bezeichnend ist die Bemerkung des oben erwähnten Schülers Hofbauers, Kral, eine Predigt über die katholische Kirche sei eine solche Seltenheit gewesen, „dass wir junge Leute uns freuten, wenn ein Prediger nur die Worte „die heilige katholische Kirche“ auf der Kanzel aussprach“. Ein anderer Zeitgenosse aus dem Hofbauerkreise, Friedrich von Held, behauptet, es habe damals in Wien sowohl im gesellschaftlichen Leben, wie auf der Kanzel zum Anstand gehört, jede Erwähnung des geoffenbarten Glaubens zu vermeiden. Ausdrücke, welche katholische oder auch nur allgemeinchristliche direkt bezeichneten, hätten sich fast nur noch in Wörterbüchern gefunden. Der Regierungsgeist wirkte in derselben Richtung. Man sah es oben nicht gern, wenn religiöse Begriffe klar festgestellt wurden. „Bei einer genauen Kenntnis der Kirchengeschichte konnte das Volk das, was ist, und jenes, was war, miteinander vergleichen …“

Predige das Wort, sei es gelegen oder ungelegen (2 Tim 4,2)

Hofbauers Predigten müssen wie Bomben gewirkt haben. Eine Rücksicht auf herrschende Meinungen, wo Religion und Glaube in Frage standen, hatte für ihn nie existiert. Die Eucharistie, Marien- und Heiligenverehrung, Beichte, Ablass, Fegefeuer, Hölle, Teufel: diese und andere verpönte Wahrheiten brachte er mit rücksichtloser Deutlichkeit und Entschiedenheit auf die Kanzel. Vor allem aber war es die Kirche, ihre Autorität sowie das Papsttum, worauf er immer wieder zurückkam. Heute bilden diese Dinge auf einer katholischen Kanzel nichts Auffallendes. Damals bedeuteten solche Predigten ein ungewohntes Vorkommnis. Das im Herzen noch gut katholisch gebliebene Volk freute sich, wieder einen echt katholischen Prediger zu hören, der es wagte das Kind beim Namen zu nehmen. Die katholische Predigt war wieder auferstanden. Dazu kam die ganze Art seines Auftretens, die von dem steifen, gezierten Wesen der Modeprediger wohltuend abstach. Hofbauer war ein volkstümlicher Prediger im vollsten Sinne des Wortes; er redete nach der augenblicklichen Eingebung, nicht nach einem gelernten Konzept. In seinen Ausdrücken war er wenig wählerisch, zuweilen sogar etwas derb. Ein Zeitgenosse bezeichnet ihn geradezu als einen gemütlichen, heiteren, jovialen Prediger.

Man hörte ihn aber nicht nur gerne an: man ging als ein anderer Mensch nach Hause. Wenn die Zeugen, die einst seine Predigten angehört hatten, auf den Erfolg derselben zu sprechen kommen, so wiederholt sich immer der Ausdruck höchsten Erstaunens darüber, dass zwischen einer so anspruchslosen Predigtweise und den erzielten Erfolgen jedes Verhältnis zu fehlen schien. „Man zerfloss in Tränen, hasste die Sünde und entschloss sich zur Tugend“, so fasst eine Zuhörerin die Wirkung seiner Predigt kurz zusammen. Es war nichts Seltenes, dass unmittelbar nach der Predigt schon jemand in der Sakristei auf ihn wartete und ihn um eine Besprechung oder um die Beichte ersuchte. Ein alter Beamter erzählte, er habe viele ausgezeichnete und berühmte Kanzelredner gehört, sei aber immer der alte Sünder geblieben; eine einzige Predigt Hofbauers habe ihn zu einem anderen Menschen gemacht. Seine meist in knappe, anschauliche Sätze gefassten Mahnungen prägten sich dem Gedächtnis auf Jahrzehnte ein, selbst mit dem Ton der Stimme, in dem er sie vorgetragen hatte.

Wird fortgesetzt! 

Quelle: "Der hl. Klemens Maria Hofbauer - Ein Lebensbild" von Johannes Hofer