Heiliger Bernhard von Clairvaux

20. August 2016
Quelle: Distrikt Österreich

Der Heilige Bernhard von Clairvaux (Bekenner, Kirchenlehrer)

O Gott, Du schenktest Deinem Volke den heiligen Bernhard als Vermittler ewigen Heiles; so gib, wir bitten Dich, dass wir ihn im Himmel zum Fürsprecher haben dürfen, der auf Erden unser Lehrer des Lebens war. Durch unsern Herrn Jesus Christus deinen Sohn der mit Dir lebt und herrscht in der Einheit des Heiligen Geistes Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. (Kirchengebet am Fest des heiligen Bernhard von Clairvaux)

Bernhard erblickte auf der Burg Fontaines bei Dijou im Jahr 1091 als 3. von sieben Kindern des edlen Ritters Thesselin das Licht der Welt. Seine Mutter, Aletha von Montbars, hatte einige Zeit vor seiner Geburt einen Traum, als trüge sie einen weißen Schäferhund in ihrem Schoß, der unaufhörlich bellte. Bekümmert darüber teilte sie einem frommen Mann diese Erscheinung mit, der ihr die prophetische Deutung gab, dass sie bestimmt sei, der Kirche einen treuen Wächter zu gebären, der gegen die Feinde des Glaubens laut bellen werde.

Als nun das Knäblein zur Welt kam, brachte sie es mit glühender Inbrunst dem Herrn dar und bemühte sich, es seiner Berufung gemäß zu erziehen. Zu ihrer größten Freude bemerkte sie an Bernhard schon in seiner Kindheit eine zarte Liebe zu Gott und der allerseligsten Jungfrau, eine wunderbare Verachtung des Zeitlichen und eine große Abscheu vor der Sünde. Je mehr Bernhard heranwuchs, desto stärker zeigte sich seine große Freigiebigkeit gegen die Armen, seine seltene Liebe zur Einsamkeit und zum Schweigen, seine musterhafte Bezähmung der Sinnlichkeit, sein unermüdlicher Gebetseifer, sein heißes Verlangen nach dem Ewigen.

Während sich seine Brüder dem Kriegsdienst widmeten, sehnte sich Bernhard nach Bildung und Unterricht. Zu diesem Zweck schickten ihn seine Eltern nach Chatillon, damit er bei den Chorherren dieser Stadt, die eine Schule unterhielten, seinem Hang zum Studium nachgehen könne. Seine Lehrer staunten über seinen lebhaften Geist und die ungewöhnlichen, das Alter weit übersteigenden Fortschritte des Knaben. So aufmerksam Bernhard aber auch dem Unterricht folgte, so war er doch durch nichts zu zerstreuen, wenn der Herr innerlich durch seine Gnade mit ihm sprach. Gott blieb ihm jederzeit das Erste, das Höchste. Als er gerade das Jünglingsalter erreichte, verlor er seine Mutter, die von jedermann als Heilige angesehen wurde. Bernhard, der damals nach Fontaines zurückgekehrt war, blieb sich selbst überlassen; denn sein Vater, der beim Kriegsheer sein musste, konnte seinen Lebenswandel nicht überwachen. Es gehörte ein reiches Maß der Gnade und eine strenge Beherrschung der niederen Triebe dazu, wenn der junge Mann nicht in den vielen Fallstricken gefangen werden sollte, welche die Welt ihm legte. Doch die reine und heilige Flamme der Furcht und Liebe Gottes loderte zu mächtig in seinem Herzen und seine Wachsamkeit war zu groß, als dass der Versucher über ihn siegen konnte.

Bernhard hielt sich in einer Welt, wo der Tugend so viele Gefahren drohten, nicht für sicher, und eine Eingebung Gottes wies in an, sich dem eben neu entstandenen Zisterzienserorden anzuschließen, um durch die Strenge der Lebensweise den äußeren Menschen ganz zu unterwerfen und in der Betrachtung der himmlischen Dinge seinen Geist immer mehr zu kräftigen. In dieser Stimmung besuchte er seine Brüder, die im Dienst des Herzogs von Burgund die Burg Grançai belagerten. Anfangs stieß er bei seinen weltlich gesinnten Verwandten auf heftigen Widerspruch; doch er sprach mit solcher Begeisterung und Liebe vom Göttlichen und Ewigen, dass er vier seiner Brüder, Guido, Gerhard, Bartholomäus und Andreas, und selbst seinen Onkel Galderich, Herr von Touillon, sowie seinen Freund Hugo von Macon - alle tapfere, kriegsgewohnte Ritter - mit dem heiligen Wunsch entflammte, der Welt zu entsagen und nur dem Himmlischen und Unvergänglichen zu leben. Sie legten die Waffen nieder und versammelten sich unter der Leitung Bernhards in einem Haus zu Chatillon und bereiteten sich zum Eintritt in den Zisterzienserorden vor.

An dem Tag, an dem sie ihr Vorhaben ausführen wollten, begaben sich Bernhard und seine Brüder nach Fontaines, um von ihrem Vater Abschied zu nehmen und seinen Segen zu empfangen. Als sie die Burg wieder verließen, trafen sie auf Nivard, ihren jüngsten Bruder, der im Hof mit anderen Kindern spielte. Da umarmte ihn Guido, der Älteste der Brüder, und sagte zu ihm: „Lebe wohl, mein kleiner Bruder Nivard. Wir gehen ins Kloster, und du wirst nun der einzige Erbe der Burg und der Ländereien sein.“ „Wie“, entgegnete der Knabe mit einem Ausdruck, der weit über sein Alter ging, „wie, ihr nehmt den Himmel für euch und lasst mir die Erde? Das ist eine ungleiche Teilung.“ Er wollte sich unbedingt den Brüdern anschließen, doch diese erlaubten es nicht; als er aber etwas älter geworden war, ließ er sich durch nichts mehr aufhalten, die Welt zu verlassen, und später folgten auch der hochbetagte Vater und die Schwester Humbelina.

Zu Fuß pilgerte Bernhard mit seinen Brüdern und den übrigen, die sich zu Chatillon ihm angeschlossen hatten - im Ganzen 30 an der Zahl - nach Citaux, wo der heilige Robert 15 Jahre zuvor einen neuen Orden gegründet hatte, der sich, im Gegensatz zu den damals durch Reichtum verweichlichten Benediktinern Frankreichs, durch strenge Enthaltsamkeit und Verwerfung der Kirchenpracht auszeichnete und sich äußerlich durch ein weißes Kleid von den Benediktinern unterschied. Die Pest, die zu jener Zeit Frankreich und Italien verheerte, hatte die Zellen des Klosters entvölkert, und der Abt Stephan stand fast allein. Daher willfahrte er mit aufrichtiger Freude den Ankömmlingen, als sie, niedergeworfen auf die Erde, um Aufnahme baten. Es geschah dies 1113. Bernhard zählte 23 Jahre, als er das Noviziat begann und brachte es, fortwährend nur mit Gott beschäftigt, in der Abtötung bald so weit, dass er sehend nicht sah und hörend nicht hörte. Nahrung aufzunehmen, war ihm mehr Pein als Erholung, und er bemerkte zuweilen den Unterschied der Speise gar nicht. Die Zeit des Schlafes pflegte er als verloren zu beklagen und beschränkte sie daher. Obwohl von zartem Körperbau unterzog er sich den beschwerlichsten Arbeiten und half den Brüdern beim Roden der Wälder.

Nachdem die Prüfungszeit verstrichen war, legte er mit seinen Gefährten die Gelübde in die Hände Stephans ab, der Bernhard wegen dessen außerordentlicher Fortschritte im geistlichen Leben 1115 die Gründung einer neuen Brüdergemeinde übertrug. Er gab ihm zwölf Mönche mit, unter denen auch seine Brüder waren, und entsandte ihn in das sogenannte „Wermutstal“ bei Langres, das im ganzen Land als Aufenthaltsort von Räubern und wilden Tieren verrufen war. Durch den eisernen Fleiß der frommen Ansiedler, welche die Wildnis urbar machten, gewann jedoch die Gegend bald eine andere Gestalt, so dass sie in der Folge „Lichtental“ (Clara vallis - Clairvaux) genannt wurde. In den kleinen Zellen, die sich allmählich erhoben, herrschte zwar anfangs äußerste Dürftigkeit, und die Brüder hatten meist nichts zu essen als Suppe aus Buchenblättern und Hirse- oder Wickenbrot; aber Bernhard erhielt sie im unerschütterlichen Vertrauen auf Gott, und dieser verließ sie auch niemals und half ihnen in der äußersten Not oft auf wunderbare Weise.

Bernhard wurde vom frommen und gelehrten Bischof Wilhelm von Champeaux zum Abt geweiht und erhob das Kloster von Clairvaux zu solcher Berühmtheit, dass bald 130 heilsbegierige Seelen sich dort einfanden. Von ihm erhielt der Zisterzienserorden jenen Aufschwung, der ihm nahezu den ersten Rang unter den damals bestehenden Kongregationen verschaffte. Noch zu Lebzeiten des Heiligen wurde die Gemeinschaft so groß und bedeutsam, dass sie sich über alle Reiche Europas erstreckte. Der Abt widmete der Leitung seines Klosters die äußerste Sorgfalt, und wenn er zuweilen eine Ermattung des Eifers in sich verspürte, munterte er sich selbst auf mit der Frage: „Bernhard, wozu bist du hierher gekommen?“ Seinen Untergebenen pflegte er zu sagen: „Wenn ihr in diesem Hause leben wollte, so müsst ihr euren Leib verlassen; hier gehen nur Geister ein.“

Anfangs behandelte er, nicht genug Rücksicht auf die menschliche Schwachheit nehmend, seine Mitbrüder fast zu streng, so dass viele mutlos wurden. Er erkannte aber seinen Fehler und schlug einen anderen Weg ein. Von da an hingen die Brüder mit der innigsten Liebe an ihm, befolgten schnell und freudig jeden seiner Winke und nahmen zu an Vollkommenheit. Gegen sich selbst aber behielt Bernhard die alte Strenge bei. Er brachte durch beständige Abtötungen und Bußwerke seinen Leib in die volle Knechtschaft der Seele und übte beständig Gehorsam, Geduld und Ergebung. Dadurch erlangte sein Geist jene außerordentliche Fassung, sein Wille jene Stärke zum Guten, sein Verstand jene Klarheit und Bestimmtheit, sein Gemüt jene Reinheit und Liebenswürdigkeit, die wir heute noch an ihm bewundern.

Weil er durch die äußerlichen Dinge nicht abgezogen wurde, warf sich seine Seele mit aller Macht auf die Betrachtung des Göttlichen und drang, unter dem reichen Beistand der einströmenden göttlichen Gnade, bis zu den tiefsten Tiefen der Geheimnisse vor, die er mit bewegender und doch kraftvoller Beredsamkeit seinen Zuhörern vor Augen führte und als brennendes Feuer der Sehnsucht in ihr Herz legte. Jedoch überfiel ihn als Folge der großen Strenge seiner Lebensweise 1116 eine schwere Krankheit, die ihn an den Rand des Grabes brachte. Nach seiner Genesung zeigte er sich noch milder gegen seine Untergebenen und behandelte sie wie ein zärtlicher Vater. Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, wie er selbst bekennt, dass man nichts Gutes bewirkt, wenn man bei der Leitung nicht den Geist der Freundschaft walten lässt. Allenthalben ging er mit seinem Beispiel voran und gebot nichts, was er nicht selbst zuvor versucht hatte.

Um diese Zeit nahmen Thesselin, sein Vater, in Clairvaux das Ordenskleid, und seine Schwester in einem Frauenkloster den Schleier. Heinrich, einen Bruder des Königs von Frankreich, der Clairvaux besuchte, brachte er mit wenigen Worte dazu, dass er allen Vorrechten seiner hohen Geburt entsagte und in den Ordensstand eintrat. Die ihre Standespflichten vernachlässigenden Bischöfe Heinrich von Sens und Stephan von Paris führte er zurück auf den Weg des Heils. Durch seine Bitten und Lehren erschüttert, entsagten Adelheid, Herzogin von Lothringen, die Gräfinnen Beatrix und Ermengarde von Bretagne ihrem anstößigen Lebenswandel und wurden bußfertige Töchter Jesu. Solche wunderbaren Gnadenwirkungen des Herrn bei der Bekehrung der Seelen begegnen uns im Leben Bernhards oft. Bald äußerte sich an ihm auch die Gabe der Wunder, und diese wurden, besonders auf seinen späten Reisen, so häufig, dass seine Gefährten, die ein Tagebuch darüber führten, sie nicht mehr alle aufzuschreiben vermochten.

Des Heiligen Freude war das Aufblühen und Wachsen von Clairvaux. Um das Jahr 1118 zählte es bereits 700 Brüder. Von allen Seiten verlangte man nach Mönchen, die in der Schule Bernhards ausgebildet worden waren. Es entstanden Ordenshäuser in Paris, Chalôns, Mainz, Lüttich und in vielen anderen Städten Frankreichs und Deutschlands, ebenso in Italien, Spanien und Portugal, und noch vor dem Tod des Heiligen zählte man 160 Klöster, die von Clairvaux abhängig waren.

Bernhard aber war nicht nur ein ausgezeichneter Klosteroberer, er wurde auch der Rat der Päpste, der Schiedsrichter der Fürsten, das Orakel seines Jahrhunderts, und wenige Menschen haben gelebt, die unter einem so unscheinbaren Äußeren eine so große Macht über ihre Zeitgenossen ausgeübt haben. Weil er ein wahrer Mann Gottes, mit dem Himmlischen innig vertraut, allen Neigungen, allem selbstsüchtigen Wesen abgeneigt, voll Liebe zu Gott und den Mitmenschen, voll ungetrübter Klarheit des Geistes und ausgerüstet war mit der Kenntnis göttlicher und menschlicher Dinge, so wurde er in fast allen Angelegenheiten hinzugezogen. Denn man erkannte, dass in ihm die göttliche Weisheit und Liebe unter den Menschen der damaligen Zeit sich am meisten zeigte. Man müsste die Geschichte jener Tage abschreiben, wollte man darstellen, was alles der heilige Abt zum Besten von Kirche und Staat unternommen hat. Die Bischöfe wandten sich in schwierigen Fragen an ihn, ebenso die weltlichen Fürsten, und er wurde gegen seinen Wunsch und gegen seine Neigung in die wichtigsten Weltgeschehnisse hineingezogen.

Die Kirche Gottes war damals durch Spaltung zerrissen, weil nach dem Tod des Papstes Honorius einige unzufriedene Kardinäle dem rechtmäßig gewählten Nachfolger, Innozenz II., in der Person des Petrus von Leon einen Gegenpapst aufstellten und dadurch Teilung unter dem Volk, ja sogar unter den Königen hervorriefen. Innozenz entfloh nach Frankreich, wo eine Kirchenversammlung, zu der auch Bernhard geladen wurde, über die gegensätzlichen Ansprüche beraten sollte. Auf Antrag des Heiligen, der von den versammelten Vätern und dem König, ungeachtet seines Sträubens, zum Schiedsrichter ernannt worden war, erklärte sich das Konzil für Innozenz II. Bernhard setzte dessen Anerkennung sogar bei König Heinrich I. von England durch, obgleich sich dieser bereits für den Gegenpapst ausgesprochen hatte. Auch die Streitigkeiten des Papstes und des Kaisers Lothar legte er bei und war auf einer Zusammenkunft der beiden in Lüttich zugegen. Später vermittelte er zu Bamberg die Aussöhnung des Kaisers mit den Hohenstaufen Friedrich und Konrad. Überhaupt erschien er unter den Entzweiten wie ein Engel des Friedens. Unaufhörlich von der Liebe predigend, gewann er für sie die Herzen der Menschen. Er versöhnte Pisa mit Genua, und kurz vor seinem Ende noch, von schwerer Krankheit niedergeworfen, erhob er sich auf die Bitten des Erzbischofs von Trier von seinem Lager und eilte von Clairvaux nach Metz, um dort Frieden zu stiften zwischen den Bürgern und den Rittern, die bereits bewaffnet einander gegenüberstanden. Mit aller Kraft nahm er die Juden in Schutz, als in den Städten am Rhein eine heftige Verfolgung gegen sie ausbrach, und tat der Wut des irregeleiteten Pöbels Einhalt. Wo Bernhard auftrat, verschwand alle Zwietracht; Missbräuche wurden abgestellt, Sünder bekehrt, Irrlehren widerlegt und verurteilt und die wahre Lehre durch unzählige Wunder bestätigt. In der Kloster- wie Weltgeistlichkeit den wahren apostolischen Geist und die kirchliche Disziplin hervorzurufen, war für den Heiligen das ganze Leben hindurch eine Herzensangelegenheit. An Hoch und Niedrig erging sein bald flehendes, bald strafendes Wort. Päpste und Bischöfe, Äbte und Mönche, Domherren und Priester hörten aus seinem Mund die Wahrheit und vernahmen die heilsamsten, freilich sehr oft unbequemen Lehren. Ihm wurde auch der ehrenhafte Auftrag gegeben, die Regel des um diese Zeit gegründeten Ordens der Tempelherren zu entwerfen.

Sobald Bernhard aber den weltlichen Geschäften entkommen konnte, eilte er in sein geliebtes Clairvaux, dessen Bewohner ihn jedesmal mit ungeheuchelter Freude und Liebe empfingen. Von den vornehmsten Kirchen wurde er zum Bischof begehrt, doch sein Widerstand gegen die Annahme kirchlicher Würden war nicht zu besiegen. Er antwortete stets, dass er nur der Letzte sei im Haus des Herrn, dass er nie anders als mit Schmerz seine Einsamkeit verlasse und sie stets wieder aufgesucht habe, sobald es ihm erlaubt gewesen sei.

Das schwerste Stück Arbeit bürdete dem Heiligen Eugen III. auf, der unter dem Namen Bernhard von Pisa Zisterzienser und sein Schüler gewesen war und für den beredten, gotterfüllten Lehrer die höchste Ehrfurcht und Bewunderung hegte. Keine Sache von Wichtigkeit wurde getan ohne den Abt von Clairvaux, so dass die Rede ging, nicht Bernhard von Pisa, sondern Bernhard von Clairvaux sei Papst geworden. Als die Nachricht eintraf, die Sarazenen hätten in Palästina große Fortschritte gemacht und Edessa, den Vorposten des Königsreichs Jerusalem genommen, gebot Eugen dem Heiligen, die Fürsten und Völker Europas zu den Waffen zu rufen gegen die Erbfeinde der Christenheit. Der Papst hielt 1146 mehrere Kirchenversammlungen in Frankreich ab, und Bernhard predigte allenthalben den Kreuzzug und fachte das Feuer der Begeisterung zu dem heiligen Krieg mit Macht an. Eines Tages war die Menge derer, die, von ihm ermuntert, ins gelobte Land ziehen wollten, so groß, dass er sein Gewand zerschneiden musste, um Kreuze daraus zu machen. Nachdem König Ludwig VII. von Frankreich für den Kreuzzug gewonnen war, wandte sich Bernhard nach Deutschland. Hier anfangs kalt empfangen, sprach er fortan nicht mit Worten, sondern mit Wundern zu den Herzen der Bevölkerung. Er erweckte Tote zum Leben und entfernte die hartnäckigsten Übel durch Gebet und Berührung. Wo er sich zeigte, eilten die Bewohner der Städte und Dörfer ihm entgegen, baten um seinen Segen und brachten ihm ihre Kranken.

Seine Zeitgenossen nahmen seine Wunder als Beweise für seine göttliche Sendung und das Wohlgefallen, mit dem der Himmel das große Vorhaben ansah, zu dem er aufforderte. König Konrad selbst, der lange widerstrebt hatte, ließ sich endlich für die heilige Sache entflammen und nahm 1147 zu Speyer aus Bernhards Händen das Kreuz. Der Zug fand jedoch ein unglückliches Ende. Ludwig und Konrad sahen zwar die heilige Stadt, aber sie mussten, nachdem der größte Teil der unter ihrer Führung ausgezogenen 200 000 Kreuzfahrer durch Krankheit und Hunger oder auf andere Weise umgekommen war, ohne irgendetwas Bedeutendes in Palästina ausgerichtet zu haben, nach Europa zurückkehren. Für Bernhard war dieser traurige Ausgang des Krieges, zu dem hauptsächlich er angeeifert hatte, die schwerste Heimsuchung. Auf ihn häuften sich die Anklagen; er allein musste der Schuldige sein. Aber er ertrug Spott und Lästerung mit unerschütterlicher Geduld.

So sanftmütig und geduldig auch der Heilige war, zeigte er doch ein Löwenherz, wo es sich um die Sache Gottes oder das Heil der Seelen handelte. Dies erfuhr unter anderem der gottvergessene Herzog Wilhelm von Guienne, der offen als Feind der Kirche aufgetreten war und dem Bischof von Poitiers und seinen Priestern Gewalt angetan hatte. Bernhard, seine Bekehrung ins Auge fassend, ging zu ihm und suchte ihn eines Bessern zu belehren, aber vergeblich. Da stieg er zum Altar, um das heilige Opfer zu verrichten. Der Herzog und seine Anhänger, belegt mit dem Bann, blieben vor der Kirchentür. Dahin begab sich, nachdem der Friedenskuss gegeben worden war, mit blitzenden Augen und entflammtem Angesicht, die Hostie über der Patene haltend, der Heilige und sprach mit erschütternder Stimme zu Wilhelm: „Bisher haben wir Bitten angewendet, und du hast sie verworfen. Siehe, nun kommt der Sohn Gottes selbst, das unsichtbare Oberhaupt der Kirche, die du verfolgst - dein Richter, vor dessen Namen alle Mächte im Himmel und auf Erden die Knie beugen müssen. Verachtest du ihn auch?“ Der Herzog stürzte zur Erde und vermochte kein Wort hervorzubringen, Bernhard aber hob ihn auf, versöhnte ihn mit dem anwesenden Bischof von Poitiers und brachte es durch wiederholte Mahnungen dahin, dass Wilhelm als Büßer seine Tage beschloss.

Mit gleicher Entschlossenheit trat er dem berühmten Abaelard entgegen, der in seinem stolzen Sinn sich nicht unter den Glauben beugen, sondern nur das als wahr annehmen wollte, wovon er sich wissenschaftlich überzeugt hätte, während Bernhard, seinem ganzen Wesen nach Demut, den Glauben als einen geoffenbarten von der Kirche hinnahm. In der Versammlung der Väter zu Sens trafen die beiden Kämpfer aufeinander, und Abaelard, so gelehrt er war, musste vor dem Heiligen verstummen. Die Versammlung verurteilte seine Lehrsätze als ketzerisch. Als treuer Wächter der reinen Lehre stritt Bernhard auch siegreich gegen Arnold von Brescia und gegen die verderbliche Sekte der Katharer.

Ungeachtet aller seiner äußeren Tätigkeit und seiner fast unermeßlichen Geschäfte, fand der Heilige noch so viel Zeit, um zahlreiche Schriften zu verfassen, die ihm den Namen eines Kirchenlehrers verdienten. Mit erschöpfender Kenntnis seines Gegenstandes vereinigte er in seinen Schriften Klarheit, Kraft und Schönheit der Darstellung. An Papst Eugen III. richtete er sein Buch über die Betrachtung, worin er die Pflichten eines Oberhaupts der Kirche eindringlich lehrte und freimütig alle Missbräuche rügte. Seine zärtliche Andacht zur jungfräulichen Mutter des Herrn spiegelt sich in seinen Schriften. Auch in den Gesang und die Musik ergossen sich seine Anschauungen der göttlichen Dinge; sie sollten durch jene ausgedrückt werden.

Die letzten Jahre machte der Heilige noch viele Reisen durch Frankreich, um Frieden zu stiften, neue Niederlassungen zu gründen und die alten zu besuchen. Doch diesen Anstrengungen erlag sein abgetöteter Leib. Zur Entkräftung gesellten sich noch die entsetzlichsten Magenschmerzen und andere Gebrechen, so dass Anfang 1153 sein Zustand deutlich anzeigte, dass die Zeit seiner irdischen Wanderung nicht mehr lange dauern werde. Seine Ordensbrüder flehten in unbeschreiblicher Trauer zu Gott um Verlängerung seines Lebens. Er aber sprach: „Ich bin ein unnützer Knecht. Es ist Zeit, dass ein so alter, unfruchtbarer Baum abgehauen und ausgerottet wird.“ Unter Äußerungen beneidenswerter Freude über den baldigen Besitz Gottes ging der außerordentliche Mann am 20. August 1153 hinüber zu dem, der jeden treuen Arbeiter überreichlich belohnt.

(Von P. M. Vogel)

Bücher über den heiligen Bernhard von Clairvaux:

Bernhard von Clairvaux begegnen - Marianne Sammer

Bernhard von Clairvaux - Ein Mönch prägt seine Zeit. - Jean Leclerq