Drittorden: Rundbrief Nr. 55

05. Oktober 2022
Quelle: fsspx.news

55. Rundbrief für den Dritten Orden der Priesterbruderschaft St. Pius X. im österreichischen Distrikt.

Gelobt sei Jesus Christus! Liebe Mitglieder, Postulanten, Interessenten und Freunde des Dritten Ordens vom hl. Pius X.!

Als Christen müssen wir uns immer wieder vor Augen halten, wie man ein gutes Leben hier auf Erden führt, um zum Ziel zu gelangen. Wir müssen unsere Berufung vor Augen haben. Heiligkeit! Ich möchte Sie in diesem Rundbrief an etwas fundamentales erinnern und Sie herzlich ermuntern: Der geistliche Kampf ist erforderlich, um zum Ziel zu gelangen. Gott gibt uns alle Mittel, um diesen Kampf zu bestehen. Tatsächlich ist der Weg zum Ziel steil und beschwerlich. Das Tor, das zum Leben führt, ist eng, und der Weg dahin ist schmal (Mt 7,14). Gott allein macht den Eintritt durch diese enge Pforte möglich. Heiligkeit ist reine Gabe seiner Güte. Aber der Mensch darf nicht untätig bleiben, es bedarf seiner freien Mitwirkung. Der Kampf um die Heiligkeit ist nicht eine Tätigkeit, die zu anderen Aufgaben hinzukommt. Der Christ arbeitet nicht zu bestimmten Zeiten und widmet andere dem geistlichen Kampf. Er ruht nicht heute aus, um morgen in den Kampf zu ziehen. Er muss in allen seinen Werken kämpfen, wenn er den Willen Gottes erfüllen will. In jeder Tätigkeit ringt er um die Heiligung. Kampf ist das durchgängige Merkmal christlicher Pflichterfüllung aus Liebe zu Gott. Das kommt daher, dass der Liebe zu Gott in diesem Leben immer Hindernisse entgegenstehen können: Das Böse und die Neigung zum Bösen.

Wir werden schwer einen geistlichen Autor finden, der dieses Thema nicht behandelt, von den Briefen des hl. Ignatius von Antiochien (+107) an, der nach Rom geführt wurde, um das Martyrium zu erleiden, höchster Ausdruck des Kampfes und des Sieges über das Böse mit Christus, über alle Kirchenväter bis zu den geistlichen Autoren der Neuzeit.

In der geistlichen Tradition ist es immer üblich gewesen, den Kampf um die Heiligkeit einen „asketischen Kampf“ zu nennen. In der Tat lieg „Askese“ vor (griech.: Übung!), sportliche Ertüchtigung, wie Athleten sie üben, um einen Wettkampf zu gewinnen, wie es schon der hl. Paulus sagt (1. Kor 9,24-27; 2 Tim 2,5).

Man muss kämpfen wollen, man muss aber auch kämpfen können bzw. etwas vom Kampf verstehen. Wir müssen also lernen! Bei den Meistern des geistlichen Lebens finden sich viele Maximen und Ratschläge, die in diese Richtung weisen, jeweils im Sinn der Spiritualität des betreffenden geistlichen Autors. Die „Collationes“ des heiligen Johannes Cassianus fassen beispielsweise die asketische Erfahrung der Wüstenväter des 4. und 5. Jahrhunderts zusammen. Die am Beginn der Moderne stehende „Nachfolge Christi“ des Augustiner Chorherrn Thomas von Kempis und das einige Jahrhunderte später verfasste Werk „Geistlicher Kampf“ des Lorenzo Scupoli vermitteln sehr gutes praktisches Wissen in Form von Überlegungen, die sehr vielen Christen im Kampf um die Heiligkeit geholfen haben. Die über Jahrhunderte sich erstreckende Tradition der Kirche ist eine große Schule der Liebe zu Gott, und ihren Lehrkörper bilden größtenteils Heilige, die nicht nur zum Kampf ermutigen, sondern lehren, wie man kämpfen muss. Gehen wir in diese Schule der Heiligen! Und die Lehren unseres Gründers Erzbischof Lefebvre sind da speziell für uns wegweisend. Wie gut ist es, immer wieder zu seinen Schriften zu greifen!

Seit den 1960er Jahren, besonders nach dem II. Vatikanischen Konzil, hat sich auch hier ein totaler Umschwung vollzogen. Das Thema des Kampfes wird an den Rand geschoben und verschwindet mehr und mehr aus der geistlichen Literatur und aus dem christlichen Leben. Das Thema verdunstet. Er wird für viele, in einem schlechten Sinne, sogar unangenehm darüber noch zu sprechen. Man blendete ab den 1960er Jahren mehr und mehr Elemente aus, die dem modernen Menschen schwerer zumutbar sind, es kommt seither fast überall zum Bruch mit vielen, aus der wunderbaren und guten Erfahrung der Heiligen stammenden überlieferten Elementen der Askese.

Dieser Vorgang wird verständlich, wenn man sich vor Augen führt, wie stark die Kultur, ja das gesamte Leben heute säkularisiert ist. Die Krise der Kirche, die sich seit Jahrzehnten immer mehr zuspitzt, ist vor allem auch in diesem Zusammenhang stehend: Die Vernachlässigung des inneren Kampfes der Christen. Die Überlieferung hat die Christen immer so schön als milites Christi, als Streiter Christi bezeichnet (denken wir hier dann besonders auch an das Sakrament der Firmung!).

Der Generalobere der Priesterbruderschaft, Don Davide Pagliarani hat in seinem letzten Brief an die Freunde und Wohltäter sehr grundlegende Dinge erneut betont. Ich kann Sie nur einladen diesen Brief gründlich zu lesen und gerade auch im diesem Zusammenhang zu verinnerlichen.

Hier einige wesentliche Zitate: „Der Heldenmut des Kreuzes setzt die Verborgenheit der Krippe und des Hauses von Nazareth voraus. Die Beharrlichkeit bis ans Ende wird nur denen zuteil, die im täglichen Leben, in ihren gewöhnlichsten Handlungen, in der Lage waren, sich vor dem Bösen zu schützen und sich von der Sünde fernzuhalten, und zwar mit einem Heldenmut, den nur Gott – der Nieren und Herzen prüft – kennt und belohnt. Äußerliche Bekundungen und Handlungen ohne ein reines Herz, ohne eine echte innere Umkehr, drohen uns in Täuschung oder gar Heuchelei verfallen zu lassen.“ …

„Gleichzeitig dürfen wir nicht vergessen, dass dieser Kampf zutiefst übernatürlich ist. Man kann teuflischer List nicht mit rein natürlichen Mitteln begegnen. Diese übernatürlichen Mittel lassen sich auf drei Hauptmittel zurückführen, die es immer aufs Neue zu entdecken gilt. Das erste ist die Heilige Messe. … Die Heilige Messe ist das Meisterwerk der Liebe unseres Herrn zu den Seelen, und sie nährt in ihnen dieselbe Liebe, die sie bis zur Selbsthingabe erstarken lässt. Das zweite Mittel ist der heilige Rosenkranz. Dieses so gewöhnliche Mittel muss in unseren Familien besonders wiederentdeckt werden. In ihm soll immer mehr das Mittel gesehen werden, uns in die großen Geheimnisse des Lebens unseres Herrn und Unserer Lieben Frau zu versenken. Hierdurch werden wir, geführt von unserer Mutter, fähig, sie in ihrer Selbsthingabe an Gott, ihrem Opfergeist und ihrer Reinheit nachzuahmen. … Das dritte Mittel ist jenes, welches zur Erlangung der Beharrlichkeit sicherlich am meisten auf die gegenwärtige Lage zugeschnitten ist: Es handelt sich um das Unbefleckte Herz Mariens. In seiner Vorsehung wollte unser Herr uns eine Zufluchtsstätte inmitten von Sodoma und Gomorrha gewähren. Diese Zuflucht müssen wir aufsuchen. Das heißt, wir müssen zwischen unserem Herzen und dem der Jungfrau Maria eine solche Vertrautheit herstellen, dass wir das innere Leben der Jungfrau Maria kennen und bewundern, ihre Wünsche, ihre Freuden und Sorgen teilen können. Auch müssen wir vor allem ihren Willen teilen, vorbehaltlos am Werk der Erlösung mitzuwirken.“ Erneuern wir immer wieder neu und freudig unsere Bereitschaft zum geistlichen Kampf aus Liebe zu Gott und zu den Seelen! Und beten wir vor allem viel füreinander!

Mit meinen priesterlichen Segenswünschen!

Ihr P. Johannes Regele

Jaidhof, am 29. September 2022, Fest des hl. Erzengels Michael