53. Was sind die Folgen des Ökumenismus?

04. Juli 2018
Quelle: Distrikt Österreich

100 Fragen zur aktuellen Lage der Kirche

Die Folgen des Ökumenismus sind die religiöse Gleichgültigkeit und der Zusammenbruch der Mission. Allgemein ist heute unter den Katholiken die Ansicht verbreitet, daß man in allen Religionen gleich gut selig werden kann. Darum ist es sinnlos, Mission zu betreiben, und oft lehnt man es geradezu ab, Mitglieder aus anderen Religionen in die Kirche aufzunehmen, selbst wenn diese es wünschen. Mission wird zur bloßen innerweltlichen Entwicklungshilfe. Dies widerspricht eindeutig dem Missionsbefehl Christi: «Geht hin und macht alle Völker zu Jüngern, indem ihr sie tauft auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und sie lehrt, alles zu halten, was ich euch aufgetragen habe» (Mt 28,19 f).

Ein besonders erschütterndes Beispiel dafür ist die Erklärung von Balamand, die am 23. Juni 1993 als Ergebnis einer Konferenz zwischen Katholiken und Orthodoxen herausgegeben wurde. Als Voraussetzung muß man wissen, daß sich nach dem Schisma einzelne Teile der Ostkirche wieder Rom angeschlossen hatten. Diese behielten ihren östlichen Ritus, erkannten aber die Oberhoheit des Papstes an, wie dies die gesamte Ostkirche vor dem Schisma getan hatte. Diese katholischen Ostkirchen hatten nach den politischen Veränderungen in der Sowjetunion einen großen Auftrieb erhalten. Viele Orthodoxe waren nämlich nur wegen des äußeren Druckes im Schisma und wünschten sich die Vereinigung mit dem Stuhl Petri. Dies verärgerte begreiflicherweise die orthodoxen Autoritäten, und sie drohten mit dem Abbruch der ökumenischen Beziehungen. Die Konferenz von Balamand ist daher von der Bestrebung getragen, den Ökumenismus zu retten.

In Nr. 8 der Erklärung werden darum die katholischen Ostkirchen eine «Quelle von Auseinandersetzungen und Leiden» genannt. Man behauptet, die katholische Kirche habe zur Rechtfertigung des «Proselytismus», d. h. ihrer Bestrebungen, die getrennten Orthodoxen wieder zur Einheit der katholischen Kirche zurückzuführen, «in ihrer Theologie die Vorstellung entwickelt, sie selbst sei die einzige Hüterin des Heiles» (Nr. 10). Was also immer Lehre der Kirche war, daß nämlich alle Christen unter dem obersten Hirten, dem Papst, geeint sein müssen, wird hier zu einer bloßen theologischen Meinung heruntergespielt, die nur zur Rechtfertigung selbstsüchtiger Interessen erfunden worden sei. Die Rückführung der Orthodoxen zur katholischen Kirche wird daher für die Zukunft ausdrücklich abgelehnt (Nr. 12), dagegen betrachte man die Ostkirche jetzt als Schwesterkirche: «… erkennen sich die katholische Kirche und die orthodoxe Kirche gegenseitig als Schwesterkirchen an. … Nach den Worten von Papst Johannes Paul II. sucht die ökumenische Anstrengung der Schwesterkirchen des Ostens und des Westens, die sich auf den Dialog und das Gebet stützt, eine vollkommene und vollständige Gemeinschaft, bei der sich die Kirchen weder vermengen noch die eine die andere aufsaugt, sondern sie einander in Wahrheit und Liebe entgegenkommen (vgl. Slavorum Apostoli Nr. 27)» (Nr. 14). Darum versprechen die katholischen Teilnehmer, in Zukunft nichts zu unternehmen, um die orthodoxen Gläubigen zur katholischen Kirche zurückzuführen, ja die Katholiken verpflichten sich sogar, in den Gebieten, wo bisher nur eine orthodoxe Seelsorgsstruktur vorhanden war, keine katholischen Strukturen gegen den Willen der Orthodoxen aufzurichten (Nr. 29). Abschließend heißt es dann. «Indem sie für die Zukunft jeden Proselytismus und jeden Expansionswillen der Katholiken zum Schaden der orthodoxen Kirche ausschließt, hofft die Kommission, das Hindernis beseitigt zu haben, welches einige autokephale Kirchen veranlaßt hat, dem theologischen Dialog fernzubleiben» (Nr. 35).[141]

Nach diesem Dokument sind also die katholischen Ostkirchen ein Hindernis für die Ökumene, und wenn es schon peinlich genug ist, daß sie überhaupt existieren, so sollen sie sich in Zukunft wenigstens nicht weiter ausbreiten. Dies ist ein Verrat an all den Christen, die Jahrhunderte lang große Leiden und sogar das Martyrium auf sich genommen haben, um dem Stuhl Petri treu zu sein. Man opfert die eigenen Brüder, nur damit der ökumenische Dialog nicht zum Stillstand kommt.

Überhaupt kann man feststellen, daß der ganze Ökumenismus immer nur zum Schaden der katholischen Kirche ist. Es ist immer nur sie, die zurücksteckt und ihre Ansprüche aufgibt, während die anderen Konfessionen und Religionen sich über das Zurückweichen der Kirche freuen, ohne selbst einen Schritt auf sie zuzugehen. Die Muslime nutzten das Treffen in Assisi z. B. schamlos aus, um ihren Glauben an Allah als den allein richtigen Weg zu bekennen. Ihr Friedensgebet lautete «Dir allein wollen wir dienen, und zu dir allein flehen wir um Beistand. Führe uns den rechten Weg, den Weg derer, welche sich deiner Gnade freuen – und nicht den Pfad jener, über die du zürnst oder die in die Irre gehen!» Es folgt die Sure II, 138 des Korans. « Sagt: Wir glauben an Allah und an das, was er uns offenbarte, und an das, was allen Propheten von ihrem Herrn gegeben wurde. Wir kennen unter diesen keinen Unterschied. Wir bleiben Allah ergeben». Das islamische Friedensgebet schließt mit der Sure CXII: «Im Namen Allahs, des Allbarmherzigen! Sprich: ‚Allah ist der alleinige, einzige und ewige Gott. Er zeugt nicht und ist nicht gezeugt, und kein Wesen ist ihm gleich.’»[142] Wenn hier behauptet wird, Allah zeuge nicht und sei nicht gezeugt, sowie es gäbe unter den Propheten keinen Unterschied, so sind diese Aussagen eindeutig gegen den christlichen Glauben gerichtet, der bekennt, daß Jesus Christus nicht nur ein Prophet wie alle anderen ist, sondern der wahre Sohn Gottes, vom Vater vor aller Zeit gezeugt.

[141]  DC vom 1. und 15.8.1993, S. 71 ff. Zitate nach der deutschen Übersetzung im Rundbrief der AKM, Okt.-Dez. 1993.
[142] Waldenfels, Hans: Die Friedensgebete von Assisi, Freiburg 1987, S. 30-32.

Quelle: Katechismus zur kichlichen Krise, Pater Matthias Gaudron, Sarto-Verlag, 2017, 4. Auflage