43. Was sind die Folgen der Religionsfreiheit?

18. April 2018
Quelle: Distrikt Österreich

100 Fragen zur aktuellen Lage der Kirche

Infolge der vom II. Vatikanum verkündeten Religionsfreiheit mußten die noch verbliebenen katholischen Staaten ihre Verfassung ändern. Die Folge der Religionsfreiheit ist also die Lai-zisierung des Staates und die immer weitere Entchristlichung der Gesellschaft. Da man allen Irrtümern gleiche Rechte gibt, schwindet der wahre Glaube dahin. Der Mensch, der in seiner gefallenen Natur normalerweise dazu neigt, den leichteren Weg zu gehen, braucht die Hilfe der katholischen Institutionen. In einer Gesellschaft, die ganz vom katholischen Glauben geprägt ist, werden darum mehr Menschen ihre Seele retten als in einer Gesellschaft, in der Religion Privatsache ist und die wahre Kirche neben zahllosen gleichberechtigten Sekten existieren muß.

Nehmen wir das Beispiel Kolumbien. Die Bevölkerung dieses Landes war zu 98 % katholisch, die katholische Religion war als einzige von der Verfassung offiziell anerkannt. Obwohl der Staatspräsident dagegen war, mußte er schließlich auf Drängen des Vatikans mit Berufung auf das II. Vatikanum die Verfassung ändern.[109] Das gleiche gilt für zwei Kantone der Schweiz, nämlich das Wallis und Tessin. Auch sie mußten auf Druck des Nuntius ihre Verfassung ändern. Bei der Reform des italienischen Konkordats bezeichneten Kardinal Casaroli und Johannes Paul II. die Trennung von Kirche und Staat als das «ideale Regime». Es war also Rom, das unter Berufung auf das 2. Vatikanische Konzil die Herrschaft Christi über die letzten katholischen Staaten beendet hat. Man muß an die Worte des Evangeliums denken: «Wir wollen nicht, daß dieser über uns herrsche» (Lk 19,14), und: «Wir haben keinen anderen König als den Kaiser» (Joh 19,15).[110]

Es war im Grunde nur folgerichtig, als das Bundesverfassungsgericht 1995 der Beschwerde eines Vaters stattgab und das Aufhängen von Schulkreuzen in den Klassenzimmern als verfassungswidrig bezeichnete, denn der Staat soll ja alle Religionen gleich behandeln. 2009 verlangte der Europäische Menschengerichtshof in Straßburg im Namen der Religionsfreiheit die Entfernung der Kreuze aus den öffentlichen Schulen in Italien. Bald wird man nicht mehr rechtfertigen können, warum christliche Feste wie Ostern und Weihnachten staatliche Feiertage sind, ja selbst der Sonntag hat in einer laizisierten Gesellschaft keinen Sinn mehr. Vielleicht werden wir auch noch etwas Ähnliches erleben wie nach der Französischen Revolution, als man die biblische Woche durch eine Dekade, also durch einen Zyklus von zehn Tagen, ersetzte.

Die Jahre nach dem 2. Vatikanischen Konzil haben bereits zur Genüge die Wahrheit der Aussage Leos XIII., daß die Religionsfreiheit zur Gottlosigkeit führen muß, gezeigt. In unseren Ländern ist nicht nur der Glaube geschwunden, sondern mit ihm auch die christliche Moral. Die Ehen scheitern, Familien zerbrechen, die Kriminalität nimmt ständig zu und kaum jemand wagt es noch, Autorität auszuüben. Jeder, der einigermaßen die Augen offen hält, sieht, daß unsere Gesellschaft dem Chaos entgegengeht. Dies wird sich erst dann entscheidend ändern, wenn die Gesellschaft Christus wieder als ihren König anerkennt und nicht allen Irrtümern freien Lauf läßt.

[109]  S. E. Marcel Lefebvre: Missionar und Zeuge in der nachkonziliaren Christenheit. Vorträge und Rundbriefe. Stuttgart 1994. S. 45 f.

[110]  Im Grunde ging man hier gleich nach dem Konzil schon über den Text von Dignitatis humanæ hinaus, denn dieser läßt in Nr. 6 noch die Möglichkeit offen, daß in einem Volk der Staat einer Religion eine spezielle Anerkennung zollt. Nur dürfe die Freiheit der anderen Religionen nie unterdrückt werden. Aber schon in der Schlußbotschaft des Konzils an die Regierenden hieß es ja, daß die Kirche vom Staat nur Freiheit verlange. Vgl. oben Frage 35.

Quelle: Katechismus zur kichlichen Krise, Pater Matthias Gaudron, Sarto-Verlag, 2017, 4. Auflage