41. Ist die Religionsfreiheit nicht eine Folge der Freiheit des Menschen?

05. April 2018
Quelle: Distrikt Österreich

100 Fragen zur aktuellen Lage der Kirche

Die menschliche Freiheit ist zwar gewiß ein hohes Gut, aber kein absoluter Wert, sondern dem Menschen gegeben, damit er sich frei für das Gute entscheide. Daß er sich auch für das Böse entscheiden kann, ist nur die Kehrseite der Medaille, stellt aber einen Mißbrauch der Freiheit dar. Um es noch deutlicher zu sagen: Die Freiheit ist dem Menschen von Gott nicht gegeben worden, damit er zwischen dem Guten und dem Bösen wählen kann, sondern damit er sich frei für das Gute entscheide.

Diese Freiheit ist tatsächlich eine große Würde und erhebt den Menschen über alle unvernünftigen Geschöpfe. Sie ist die Voraussetzung dafür, daß der Mensch lieben kann, was die unvernünftigen Geschöpfe nicht können. Wählt der Mensch aber das Böse, so mißbraucht er seine Freiheit. Die Freiheit begründet kein Recht, das Böse tun zu dürfen. Jeder sieht ein, daß ein Mörder kein Recht hat, seinen Mitmenschen zu ermorden. Nehmen wir einmal an, der Mörder wäre subjektiv unschuldig, da ihm seine falsche Religion die Überzeugung eingeprägt hat, der Mord sei unter gewissen Umständen erlaubt. Diese subjektive Überzeugung würde trotzdem kein objektives Recht begründen. Hindert man den Mörder an seiner Tat, so begeht man kein Unrecht. Man würde jeden für irrsinnig halten, der behaupten würde, der Mord sei zwar schlecht, aber der Mörder habe aufgrund seiner Menschenwürde ein Recht darauf, nicht am Mord gehindert zu werden.

Genau so argumentiert aber das 2. Vatikanische Konzil in bezug auf die Religionsfreiheit. Das Konzil sagt zwar sehr wohl noch, daß alle Menschen die Pflicht haben, nach der Wahrheit zu suchen und diese anzunehmen, aber wenn nun jemand – bewußt oder unbewußt – dem Irrtum anhängt, so habe er ein Recht, nicht daran gehindert zu werden, und zwar wegen seiner Menschenwürde. Hier liegt offensichtlich ein falscher Freiheitsbegriff zugrunde. Wer einem Irrtum anhängt, hat objektiv kein Recht, seinem Irrtum gemäß zu handeln, man kann dies aber aus Gründen der Klugheit und Nächstenliebe dulden, wenn man keine Möglichkeit hat, ihn zur Wahrheit zu führen. In einem katholischen Staat wird ihm aber nicht gestatten, öffentlich für seinen Irrtum Werbung zu machen, damit nicht noch andere in sein Elend hineingezogen werden und Schaden an ihrer Seele nehmen. Sehr zu Recht betrachtet die Kirche nämlich die Ausbreitung der Häresie als Mord an den Seelen.

Im übrigen muß selbst die liberalste Gesellschaft der zügellosen Freiheit Schranken setzen, da sonst die Anarchie ausbräche. Man kann sogar feststellen, daß in unserer angeblich so liberalen Gesellschaft die Meinungsfreiheit seit einigen Jahren wieder abnimmt. So wird man z. B. immer unduldsamer gegenüber den Befürwortern christlicher Werte. In einigen Ländern riskiert man schon eine Gefängnisstrafe, wenn man Homosexualität eine Sünde nennt, und der Ausschluß der Frau von der Priesterweihe wird in gewissen Kreisen schon als Verstoß gegen die verfassungsmäßige Gleichberechtigung gebrandmarkt.

Quelle: Katechismus zur kichlichen Krise, Pater Matthias Gaudron, Sarto-Verlag, 2017, 4. Auflage