Weihnachtsnovene in der Wiener Minoritenkirche
Am Samstag, den 16. Dezember frühmorgens wurde in der dunklen, nur vom Kerzenschein erhellten Wiener Minoritenkirche, unmittelbar nach dem Rorateamt, erstmals wieder die Weihnachtsnovene begonnen.
Die Weihnachtsnovene (lat. Novendiales Preces ante Nativitatem Domini Nostri Iesu Christi) vom 16. bis 24. Dezember soll uns in den neun Tagen vor dem hohen Fest in einer besonders feierlichen und eindrucksvollen Form auf die Feier der Geburt Christi vorbereiten.
Der Ursprung der Novene liegt in Rom und reicht weit in das Mittelalter zurück. Im Jahr 1618 finden sich Aufzeichnungen über eine Novene zur Vorbereitung auf das Weihnachtsfest, die aus Lesungen bzw. dem Gesang von Versen aus den Prophetenbüchern bestand. Im Jahr 1720 findet sich diese Novene wieder in Aufzeichnungen aus Turin, wo sie der gelehrte und fromme Turiner Priester Carlo Antonio Vacchetta (1665–1747), Vinzentiner und Leiter des Theologischen Kollegs im Haus der Missionskongregation, gemeinsam mit dem Oratorianerpater Sebastiano Valfré, der 1834 von Gregor XVI. seliggesprochen wurde, in eine neue Form brachte. Das Ziel der beiden Priester war, die Gläubigen einzuladen, das Geheimnis der Menschwerdung der Geburt Christi in einer besonders tiefen Weise zu betrachten. Diese Novene wurde erstmals in der Kirche der Immaculata in Turin gesungen.
Durch das Wirken der Missionare und Priester, die im Advent im Missionshaus Exerzitien machten und an der feierlichen Novene teilnahmen, sowie durch die Kleriker des Theologischen Kollegs, die, nachdem sie Priester geworden waren, sich in die umliegenden Diözesen begaben, verbreitete sich diese Novene bald in ganz Italien und darüber hinaus auch in viele Länder der Erde.
Der Kehrvers „Den König, der da kommen soll, kommt lasset uns anbeten!“ (Regem venturum Dominum, venite, adoremus) umrahmt mehrere Verse aus den Texten der Psalmen und der Propheten des Alten Testament: Sie beginnen mit dem Zuruf des Propheten Sacharja: „Laut juble, Tochter Zion! Jauchze auf, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König kommt zu dir, gerecht und als Heiland. Voll Demut reitet Er auf einem Esel, auf einem Füllen, dem Jungen einer Eselin.“
Es folgen Texte der Propheten Zefanja, Jesaja und Micha sowie aus mehreren Psalmen. Ab dem 17. Dezember werden anschließend die sog. O-Antiphonen gesungen, die schon mindestens seit dem 7. Jahrhundert bekannt sind, beginnend mit O Sapienta (O Weisheit) und dann an den folgenden Tagen O Adonai, O Radix Jesse, O Clavis David, O Oriens, O Rex Genium, O Immanuel. Danach folgt das Magnificat, die Predigt und abschließend wird der Sakramentale Segen erteilt.
Diese so schöne und besinnliche Tradition wollen wir wieder aufgreifen und die Weihnachtsnovene jedes Jahr in den neun Tagen vor dem Weihnachtsfest beten und singen. Sie soll uns einstimmen auf das so große und für uns Menschen so unverständliche Geheimnis der unendlichen Liebe Gottes: Der allmächtige Gott, der Schöpfer des Weltalls, Er, der auch jeden von uns geschaffen hat, kommt uns sündigen und sterblichen Menschen entgegen, Er zeigt sich uns als ein kleines und schwaches Kind, völlig ausgeliefert Seinen Geschöpfen, die Ihn bei Seiner Ankunft in einen Stall verweisen. Hier zeichnet sich schon ab, was Jahre später geschehen wird: Seine Liebe wird Ihn erneut dazu treiben, sich den Menschen auszuliefern und Er wird sich für unsere Erlösung am Kreuz opfern. Auch wenn rund um uns kaum mehr von der wahren Bedeutung von Weihnachten gesprochen wird, auch wenn der christliche Inhalt dieses so großen Festes aus unserer Gesellschaft zunehmend verbannt wird: Um das Jesuskind zu trösten, um Ihm unsere Liebe zu zeigen, wollen wir diese so schöne Andacht gemeinsam besonders feierlich in der Vorfreude auf das hohe Fest begehen in diesen letzten Tagen vor Weihnachten!
In der Minoritenkirche wird in dieser letzten Adventwoche die Weihnachtsnovene vom Montag bis Freitag um 17 Uhr gebetet, am Samstag unmittelbar nach der Rorate, welche um 7 Uhr beginnt und an der Vigil von Weihnachten, am 24. Dezember nach dem Hochamt um 8.30 Uhr.
Hören Sie hier die Predigt von P. Johannes Regele und sehen Sie einige Eindrücke von der Feier